Können Autoimmunkrankheiten mithilfe eines Moleküls geheilt werden?
Ein von der EU geförderter Forscher hat mehr über ein Molekül herausgefunden, das die Aktivierung des Immunsystems während einer Salmonelleninfektion hemmt. Er glaubt, dass dieses Molekül der Schlüssel zu Behandlungen von Erkrankungen ist, die eine Überaktivität des Immunsystems verursachen. Das Projekt SupaSteD fand heraus, dass das Molekül SteD bei Salmonelleninfektionen die Aktivierung von T-Helferzellen (TH 1-Zellen) unterbinden kann, die das Immunsystem zur Bekämpfung bakterieller Infektionen anregen. Die Studie des Forschungsstipendiaten Ondrej Cerny wurde am Imperial College(öffnet in neuem Fenster) durchgeführt und von David Holden betreut. Holden ist der erste Regius Professor für Infektionskrankheiten(öffnet in neuem Fenster) und wird durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützt. „Wir hoffen, dass diese Eigenschaft von SteD dazu genutzt werden kann, eine übermäßige Immunaktivität bei nicht verwandten Krankheiten wie Allergien oder Morbus Crohn zu behandeln“, so Cerny. Im Laufe der Forschungsarbeiten gelang dem Team ein unerwarteter Durchbruch: Es konnte die biochemische Funktion eines Proteins bestimmen, das menschliche Tumore unterdrückt.
Schmerzhafte Krankheiten
Derzeit gibt es keine medizinischen Behandlungen oder Operationen, mit denen Morbus Crohn geheilt werden kann. Morbus Crohn ist eine autoinflammatorische Erkrankung, die mit einer übermäßigen Aktivierung von TH1-Zellen einhergeht und bei der das Immunsystem des Körpers den Magen-Darm-Trakt angreift. Dies führt zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Fieber und Gewichtsverlust. Außerdem erhöht es das Darmkrebsrisiko. Jedes Jahr werden in Europa 78 000 neue Fälle diagnostiziert: Laut dem Artikel „The burden of inflammatory bowel disease in Europe“ (Europas Last mit der entzündlichen Darmerkrankung)(öffnet in neuem Fenster), veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Journal of Crohn’s and Colitis“, leiden 1,6 Millionen Menschen an dieser Erkrankung. Der Mensch wird mit einem Immunsystem geboren, das sämtliche Fremdkörper angreift und häufig molekulare Signaturen von Bakterien oder Viren erkennt. Cernys Arbeit konzentrierte sich darauf zu erforschen, wie das Molekül SteD, ein Virulenzprotein von Salmonellen, sich auf die adaptive Immunität auswirkt. Das adaptive Immunsystem wird ein Leben lang darauf trainiert, sehr spezifische Antigene zu erkennen und zu zerstören, und lernt z. B. zwischen krankheitserregenden Bakterien und solchen, die in Probiotika verwendet werden, zu unterscheiden. Im Rahmen des Projekt SupaSteD untersuchte Cerny bei Mäusen, die mit Salmonella Typhimurium infiziert waren, den Aktivierungsstatus von CD4+ T-Lymphozyten, also Zellen des adaptiven Immunsystems. Er verglich sie mit denen von Mäusen, die mit dem gleichen Salmonellenstamm infiziert waren, welcher aber spezifische Mutation aufwies: eine Deletion des Gens, das SteD kodiert. Das Projekt identifizierte die ausschlaggebenden Aminosäuren in der SteD-Sequenz, die für diese Funktion entscheidend sind. „SteD aus Salmonella-Stämmen, die an den Menschen angepasst sind, eignen sich sehr gut für eine mögliche klinische Anwendung“, erklärt Cerny. Allerdings wird noch mehr Forschungsarbeit notwendig sein, bevor SteD klinisch zur Entwicklung von Behandlungen von Immunkrankheiten eingesetzt werden kann. Ein Faktor, der näher untersucht werden muss, ist die Erkenntnis des Projekts, dass das Molekül die Interaktion zwischen dendritischen Zellen(öffnet in neuem Fenster) und T-Zellen(öffnet in neuem Fenster) blockiert. „Das hatten wir überhaupt nicht erwartet“, fügt er hinzu. Cerny plant nun den Aufbau einer eigenen Forschungsgruppe, um den Einfluss anderer bakterieller Krankheitserreger auf die adaptive Immunität zu untersuchen. „Die EU-Förderung war für mich das Sprungbrett, um meine zukünftige Karriere als unabhängiger Wissenschaftler zu entwickeln“, sagt Cerny, der im Laufe dieses Jahres einige der Ergebnisse des Projekts SupaSteD veröffentlichen wird.