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Prefrontal plasticity underpinning resilience against cognitive ageing.

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Können wir dank widerstandsfähiger Gehirne den kognitiven Verfall bremsen?

Verändern stimulierende Aktivitäten die Struktur des Gehirns, und wenn ja, könnte das auch hilfreich dabei sein, Demenzsymptome abzuwehren? Einige Antworten auf diese Fragen bietet uns nun das Projekt AGEING PLASTICITY.

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Mehrere Studien haben ergeben, dass rechtsseitige frontoparietale Netzwerke des Gehirns für die Resilienz gegenüber kognitivem Abbau im Alter entscheidend sein können. Durch Lernen und Erfahrung erworbene Veränderungen in der Struktur des Gehirns werden als „Vorgänge der Plastizität des Gehirns“ bezeichnet. Neue Erkenntnisse im Rahmen des Projekts AGEING PLASTICITY deuten darauf hin, dass die Plastizität des Gehirns durch ein bereicherndes Umfeld anzuregen ist, wodurch die Konzentrations- und Erinnerungsfähigkeit älterer Menschen verbessert werden könnte. Angesichts der Tatsache, dass die Organisation Alzheimer Europe von sich nahezu verdoppelnden Zahlen Demenzkranker in Europa bis 2050 ausgeht, was 14 298 671 Menschen in der Europäischen Union und 18 846 286 im erweiterten europäischen Raum bedeutet, hat eine intensive Suche nach Mechanismen zur Milderung der Auswirkungen der Erkrankung begonnen. „Während meines Stipendiums im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen habe ich untersucht, ob bereichernde Umgebungen mit veränderten neuroanatomischen oder strukturellen Eigenschaften der Netzwerke in der rechten Hemisphäre assoziiert sind“, erklärt Méadhbh Brosnan, Hauptforscherin des Projekts AGEING PLASTICITY. Brosnan, die ihre Forschung am Oxford Department of Experimental Psychology durchführte, baute auf ihrer Doktorarbeit auf, die Fachleute aus Dublin, Kopenhagen und Berlin zusammenführte. Ihre Arbeit lieferte einige erste Hinweise darauf, dass ältere Erwachsene, die sich mehr in bereichernden Umfeldern aufhielten, etwa bei Freizeitbeschäftigungen, bei sozialen, weiterbildenden und beruflichen Aktivitäten, ihre rechten Gehirnhälften anders nutzen. Im Rahmen des Projekts AGEING PLASTICITY galt es zu erkunden, ob eine derartig veränderte Nutzung mit strukturellen Unterschieden einhergeht.

Kartierung der Veränderungen in der rechten Gehirnhälfte

Das Projekt warb 50 ältere Erwachsene im Alter von 64 bis 85 Jahren an und betrachtete verschiedene Aspekte ihrer Umgebung, ihres Verhaltens und ihrer Hirnstruktur. Die Forschenden befragten sie mithilfe eines validierten halbstrukturierten Interviews, dem sogenannten Cognitive Reserve Index Questionnaire, zu Faktoren des Lebensstils wie dem sozialen Engagement, der Freizeitgestaltung sowie Beruf und Bildung. Die Fähigkeit der Testpersonen, aufmerksam zu sein, wurde anhand computergestützter kognitiver Testreihen gemäß dem Attention Network Test bewertet. Anschließend untersuchte das Team einen bestimmten Teil des Gehirns der Teilnehmenden, das sogenannte obere Längsbündel (Fasciculus longitudinalis superior) mittels Magnetresonanztomografie. Der Fasciculus longitudinalis superior ist eine zur weißen Substanz gehörende Assoziationsbahn des Gehirns. „Die Bahnen der weißen Substanz können als Analogie zu Eisenbahnschienen beschrieben werden. Der physische Zustand der Bahngleise in Europa beeinflusst beispielsweise die Effizienz eines Verkehrsnetzes. In ganz ähnlicher Weise bestimmt die Qualität dieser zur weißen Substanz zählenden Bahnen im Gehirn, wie gut Informationen im gesamten Gehirn kommuniziert und verteilt werden“, erläutert Brosnan. Die Projektergebnisse wurden im Rahmen einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Brain Communications“ vorgestellt. Brosnan erklärt: „Die frontalen Bereiche des Gehirns werden manchmal als das Gehirn ‚dirigierend‘ bezeichnet und sind für anhaltende Aufmerksamkeit und Konzentration entscheidend wichtig. Die Ergebnisse unserer Arbeit deuten nun darauf hin, dass Stimulation durch die Umgebung den Verkehr auf dieser Bahn – durch den rechten Fasciculus longitudinalis superior – forciert und seine Struktur verändert, was sich positiv auf die Aufmerksamkeit der älteren Erwachsenen auswirkt.“

Können mit gezielten Aktivitäten Gehirnbahnen entwickelt werden?

Das nächste Ziel ist zu erforschen, wie sehr diese Effekte als spezifisch für den Fasciculus longitudinalis superior zu betrachten sind, oder zu definieren, ob andere Bereiche strukturell verändert werden. „Wenn es uns gelingt, eine Bahn im Gehirn zu finden, die besonders empfindlich auf den positiven Einfluss bereichernder Umgebungen reagiert, dann können wir den Weg zur Entwicklung eines messbaren Markers für Hirngesundheit bereiten. Damit könnten wir die Auswirkungen neuer Interventionen wie zum Beispiel des Lebensstils, pharmakologischer und weiterer Maßnahmen überwachen, die das Ziel verfolgen, dem kognitiven Abbau vorzubeugen oder ihn zu heilen“, fügt Brosnan hinzu.

Die Herausforderungen bei der Arbeit mit Älteren in der COVID-19-Krise

Das Stipendium in Oxford startete im März 2020, was ein besonders turbulenter Zeitpunkt war! Da im Rahmen des Projekts viele ältere Erwachsene im Alter von 65 Jahren und darüber ins Labor eingeladen wurden, stellten die Folgen des Coronavirus eine Herausforderung dar. „Leider wurde diese ältere Kohorte in der Wartezeit auf die Impfstoffe im Vereinigten Königreich sogar während der zwischen den Lockdowns erfolgenden zeitweiligen Öffnung der Universität ‚abgeschirmt‘. Deshalb mussten wir kreativ werden! Dabei hatte ich das unglaubliche Glück, über ein wunderbares Unterstützungsnetzwerk kollegialer und beratender Art zu verfügen. „Mein besonderer Dank gilt Kia Nobre, Leiterin des Brain & Cognition lab und Direktorin des Oxford Centre for Human Brain Activity, die mir viele Einblicke verschaffte und Ideen beisteuerte, um mir dabei zu helfen, das Projekt umzugestalten und während der Krise aussagekräftige Daten zu sammeln.“

Schlüsselbegriffe

AGEING PLASTICITY, Plastizität präfrontaler Bereiche, Gehirnbahnen, Umweltreize, Abbau kognitiver Fähigkeiten, Demenz, Gehirnplastizität

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