Arzneimittelstudie als Hoffnungsträger zur Behandlung zerebraler Adrenoleukodystrophie im Kindesalter
Adrenoleukodystrophie(öffnet in neuem Fenster) ist eine erblich bedingte Krankheit, die auf Mutationen im X-Chromosom zurückgeht. Insbesondere eine Mutation im Gen ABCD1(öffnet in neuem Fenster) ist für die Akkumulation langkettiger Fettsäuren verantwortlich, was wiederum die Myelinscheiden (Isolierschicht der Nervenzellen) in Gehirn und Rückenmark schädigt. Wenn Erkrankte das Erwachsenenalter erreichen, entwickelt sich daraus eine Adrenomyeloneuropathie(öffnet in neuem Fenster) (AMN), die sich in fortschreitenden Gleichgewichts- und Gehstörungen, Spastiken und Inkontinenz manifestiert. „Außerdem geht ALD mit einem erhöhten Risiko für entzündliche Läsionen im Gehirn (zerebrale ALD) einher, was zu schnellem neurokognitiven Leistungsabfall und in der Regel nach drei bis vier Jahren zum Tod führt“, erklärt Xavier Ortega, Projektkoordinator von MIN4ALD(öffnet in neuem Fenster) bei Minoryx Therapeutics, Spanien. Etwa ein Drittel aller männlichen ALD-Patienten entwickelt die zerebrale Adrenoleukodystrophie im Alter von zwei bis 12 Jahren, ein weiteres Drittel im Erwachsenenalter. Bei Frauen hingegen schreitet ALD eher selten zu zerebraler ALD voran.
Neue Behandlungsoption für zerebrale Adrenoleukodystrophie
Das Projekt MIN4ALD prüfte die Wirksamkeit von Leriglitazon, einem von Minoryx Therapeutics entwickelten Arzneimittelkandidaten zur Behandlung von zerebraler ALD im Kindesalter. Die Studie ergänzte eine noch laufende Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit von Leriglitazon bei erwachsenen ALD-Erkrankten mit Adrenomyeloneuropathie. Da bislang keine pharmakologischen Substanzen zur Behandlung von ALD zur Verfügung stehen, ist die einzige mögliche Option die Transplantation hämatopoetischer Stammzellen(öffnet in neuem Fenster). Empfohlen wird diese Therapie allerdings nur für pädiatrische Betroffene mit zerebraler ALD im Frühstadium, wobei schwere oder gar tödliche Komplikationen nicht auszuschließen sind. Da erste präklinische Daten vielversprechend sind, sieht die Arbeitsgruppe um Ortega in Leriglitazon eine neue Behandlungsmöglichkeit für zerebrale ALD, um eine Transplantation vermeiden oder zumindest hinauszögern zu können.
Validierung des Arzneimittelkandidaten
Im ersten Projektabschnitt stand für MIN4ALD die behördliche Zulassung eines klinischen Studienprotokolls für die klinische Phase II/III-Studie (NEXUS) im Mittelpunkt. Die Studie prüfte die Wirksamkeit und Sicherheit von Leriglitazon bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten mit zerebraler ALD. Das Studienprotokoll wurde vom Pädiatrischen Ausschuss(öffnet in neuem Fenster) (PDCO) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA(öffnet in neuem Fenster) bereits bestätigt. Der nächste Schritt war die Implementierung von NEXUS im Rahmen einer Kooperation zwischen Referenzkrankenhäusern in Frankreich, Deutschland und Spanien, für die sich Erkrankte weltweit registrieren lassen können. Die Ergebnisse einer sechsmonatigen Therapie werden in einigen Monaten erwartet, sodass die Studie bei Erfolg weitere zwei Jahre fortgesetzt werden kann, um zu sehen, ob Leriglitazon den Erkrankungsfortschritt langfristig aufhält.
Hoffnung für ALD-Erkrankte
„Natürlich war es schwierig, mit den Einschränkungen durch COVID-19 eine Studie zu organisieren, für die eine Risikogruppe viel reisen muss“, erinnert sich Ortega, „und so war schon die Rekrutierung ein großer Erfolg.“ Parallel zur Studie wurden weitere Daten erfasst, die die Eignung von Leriglitazon zur Behandlung von zerebraler ALD bestätigen. „Nun hoffen wir, dass die endgültigen Resultate von NEXUS das bestätigen werden“, ergänzt Ortega. „Und dies wird den Weg frei machen, dass ALD-Betroffene von Leriglitazon profitieren können.“ Für die Behandlung erwachsener ALD-Erkrankter war bei der EMA bereits ein Zulassungsantrag für das Inverkehrbringen(öffnet in neuem Fenster) gestellt worden, den die EMA nach Eingangsbestätigung nun prüft. „Fallen die Ergebnisse von NEXUS positiv aus, arbeiten wir auf dieser Basis auch auf eine Marktzulassung für pädiatrische Patientinnen und Patienten mit zerebraler ALD hin“, so Ortega. „So könnten wir bald die erste medikamentöse Therapie für eine breite ALD-Population auf den Markt bringen, und das Projekt war hier ein maßgeblicher Impuls.“
Schlüsselbegriffe
MIN4ALD, Adrenoleukodystrophie, ALD, erblich, Krankheit, pädiatrisch, Adrenomyeloneuropathie, AMN, zerebrale ALD, genetisch, Medikamente