Garnelen helfen, sich vor Krankheiten zu schützen
Bei einem Hämozyten handelt es sich um eine winzige Zelle, die eine wichtige Rolle im Immunsystem von wirbellosen Tieren wie Garnelen einnimmt. „Warum sollten wir uns für die Hämozyten einer Garnele interessieren?“, mögen Sie sich fragen. Ganz einfach: Ohne Hämozyten gibt es keine Garnelencocktails. „Um die ständig wachsende Nachfrage nach Garnelen zu befriedigen, müssen die Garnelenzuchtbetriebe in der Lage sein, Infektionskrankheiten zu stoppen – das beginnt mit den Hämozyten“, sagt Hans Nauwynck, Virologe an der Universität Gent(öffnet in neuem Fenster). Nauwynck zufolge helfen die Hämozyten den Garnelen bei der Abtötung von Krankheitserregern wie z. B. Bakterien und Viren. Je mehr wir also über ihre Funktionsweise wissen, desto besser können wir Garnelenpopulationen schützen, und genau das war das Ziel des EU-finanzierten Projekts ShrimpLLH. „Wir können die natürliche Fähigkeit der Garnelen zur Abwehr schädlicher Krankheitserreger ausnutzen, indem wir die Natur und die Rolle dieser Zellen bei der Immunität neu beleuchten“, erklärt Nauwynck.
Killerzellen
Das Projekt, das mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) durchgeführt wurde, konzentrierte sich auf eine bestimmte Unterpopulation von Hämozyten, die kürzlich von Nauwyncks Labor entdeckt wurde: die lymphozytenähnlichen Hämozyten. „Unser Ziel war es herauszufinden, ob diese Zellen virusinfizierte Zellen abtöten können“, so Nauwynck. Doch bevor sie dies tun konnten, mussten die Forschenden zunächst monoklonale Antikörper herstellen – immer ein riskantes Unterfangen – und eine Methode zur Kultivierung von Garnelenzellen finden. „Eines der ersten Ergebnisse unserer Arbeit war die Entwicklung eines innovativen Mediums für die Kultur von Garnelenzellen, das uns bei diesem Projekt sehr geholfen hat und inzwischen patentiert wurde“, fügt Nauwynck hinzu.
Koordinierter Angriff mit Wechselmannschaft
Mit diesen Instrumenten als Hilfsmittel gingen die Forschenden an die Arbeit. „Wir haben bereits nachgewiesen, dass Hämozyten sowohl Granzyme als auch ein Perforin-ähnliches Protein produzieren und dass ihre Expression während einer Virusinfektion zunimmt“, bemerkt Nauwynck. Nauwynck zufolge sind Granzyme Serinproteasen, die die Apoptose nutzen, um eine Zielzelle zu töten. Perforin hingegen bohrt Löcher in die Membran der Zielzelle, wodurch die Granzyme eindringen und angreifen können. „Wir haben bewiesen, dass lymphozytenähnliche Hämozyten an fremde Zellen binden und sie abtöten“, so Nauwynck. „Wir untersuchen nun, ob diese Abtötung durch ein Zusammenwirken der Granzyme B und/oder G und des Torso-ähnlichen Proteins erfolgt und ob auch virusinfizierte Zellen angegriffen werden.“
Arzneimittel für kranke Garnelen
Sollte dies gelingen, würde erstmals ein durch Hämozyten vermittelter Abbau einer virusinfizierten Zelle bei wirbellosen Tieren nachgewiesen. „Wenn wir in der Lage sind, Moleküle zu screenen und diesen virusabtötenden Prozess zu aktivieren, könnte das die Tür öffnen, um kranke Garnelen medizinisch zu behandeln“, sagt Nauwynck. Aus diesem Grund hält Nauwynck die Finanzierung der Grundlagenforschung im Bereich der Garnelenpopulationen für so wichtig. „Forschung ist für die Bekämpfung von Garnelenkrankheiten, zur Schaffung einer robusten und gesunden Garnelenzucht und zur Sicherstellung, dass diese schmackhaften Krustentiere in ausreichender Menge für alle zur Verfügung stehen, entscheidend“, so Nauwynck abschließend.