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Ganzheitlicher Ansatz zur Armutsbekämpfung bei Erwerbstätigen erforderlich

Eine eingehende Untersuchung der Armut trotz Erwerbstätigkeit in ganz Europa hat zu einer Reihe von wichtigen Erkenntnissen und politischen Empfehlungen geführt.

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Die Armutsquote bei Erwerbstätigen – d. h. der Anteil einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, der trotz Beschäftigung in Armut lebt oder von Armut bedroht ist – ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen. „Armut trotz Erwerbstätigkeit ist relativ“, erklärt WorkYP Projektkoordinator Luca Ratti von der Universität Luxemburg. „Sie bezieht sich auf eine Person, die weniger als 60 % des Medianlohns verdient.“ Ein weiterer wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss, ist die Haushaltssituation. Eine alleinverdienende Person mit Kindern hat es wahrscheinlich schwerer als eine alleinstehende Person mit einem Mindesteinkommen. Gelegenheitsarbeitsverhältnisse – die wenig Sicherheit und wenig Vorteile bieten – sind auch schwerer in Statistiken zu erfassen, was darauf hindeutet, dass das Phänomen noch stärker verbreitet sein könnte, als die politisch Verantwortlichen glauben.

Gefährdete und unterrepräsentierte Personen

Ausgangspunkt für das EU-finanzierte Projekt WorkYP war nicht nur die Erkenntnis, dass Armut trotz Erwerbstätigkeit eine strukturelle Realität auf den europäischen Arbeitsmärkten ist, sondern auch, dass es zwischen den einzelnen Ländern enorme Unterschiede gibt. „Wir waren schockiert über einige dieser Unterschiede“, sagt Ratti. „Wir wollten verstehen, warum die Armut trotz Erwerbstätigkeit ein Teil unserer Arbeitsmärkte geworden ist. Zweitens wollten wir politische Ansätze untersuchen. Denn wenn man einen Arbeitsmarkt hat, auf dem jeder zehnte Mensch in ‚Armut lebend erwerbstätig‘ ist, dann läuft etwas falsch. Wo ist das Arbeitsrecht für diese Gruppe?“ Nahezu ein Zehntel der Erwerbstätigen in der EU ist von Armut bedroht. Das WorkYP-Projekt begann jedoch mit einer anderen Betrachtungsweise der Armut trotz Erwerbstätigkeit. Anstatt das Phänomen horizontal zu betrachten, als ob sich alle in der gleichen Lage befänden, ermittelte das Projektteam vier Hauptgruppen, in denen die Armut trotz Erwerbstätigkeit ihren ‚Höchststand‘ zu erreichen scheint. Zu diesen gefährdeten und unterrepräsentierten Personen gehörten Beschäftigte mit niedrigen Löhnen in ‚armen‘ Sektoren wie dem Tourismus und dem Baugewerbe sowie Selbstständige, die oft nur für einen einzigen Kunden arbeiten. Es wurde auch festgestellt, dass Teilzeitbeschäftigte in Leiharbeitsverhältnissen weitaus häufiger von Armut trotz Erwerbstätigkeit betroffen sind, ebenso wie Personen mit gelegentlichen und intermittierenden Arbeitsverhältnissen.

Untersuchung von Politik, Recht und Sozialpartnern

Das Projektteam wählte sieben Länder – Belgien, Deutschland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Polen und Schweden – auf der Grundlage ihrer unterschiedlichen Sozialsysteme und Rechtsordnungen aus. Es wurden Analysen durchgeführt, um die Rolle des Arbeitsrechts, der Sozialpartner und anderer sozialer Interessengruppen auf dem Arbeitsmarkt besser zu verstehen. „Unser Konsortium umfasste sowohl Denkfabriken für soziale Rechte als auch akademische Einrichtungen“, so Ratti. „Es war wichtig, dass wir nicht ausschließlich einen akademischen Ansatz verfolgten.“ In den sieben Ländern wurden Workshops und Konferenzen organisiert, die dazu beitrugen, die tatsächlichen Erfahrungen der in Armut lebenden Erwerbstätigen zu vermitteln. Inzwischen wurden nationale Berichte sowie eine Broschüre mit den wichtigsten Ergebnissen des Projekts veröffentlicht.

Sensibilisierung für das Thema Armut trotz Erwerbstätigkeit

Ein großer Erfolg des Projekts war die Sensibilisierung für dieses Phänomen. Ratti stellt einen allmählichen Meinungsumschwung bei den Verantwortlichen in der Politik und in den Medien fest. „Mir fällt auf, dass ich mehr Interviews zu diesem Thema gebe“, bemerkt er. „Unser abschließendes Projekttreffen, an dem auch Kommissar Schmit und der UN-Berichterstatter für extreme Armut teilnahmen, hatte ebenfalls Auswirkungen.“ Eine wichtige Erkenntnis des Projekts war, dass die Armut trotz Erwerbstätigkeit ein komplexes Phänomen ist. Viele politische Initiativen – wie z. B. die EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne – sind zwar hilfreich, können aber für sich allein genommen die Herausforderungen nicht angemessen bewältigen. Sie müssen von ergänzenden Maßnahmen begleitet werden, z. B. von staatlichen Finanzhilfen für den Haushalt. „Ich denke, dies erfordert eine gezielte EU-Strategie gegen die Armut trotz Erwerbstätigkeit“, so Ratti abschließend. „Es gibt eine Reihe guter politischer Initiativen, aber sie müssen unter dem Dach der Bekämpfung der Armut trotz Erwerbstätigkeit stehen.“

Schlüsselbegriffe

WorkYP, Armut, Beschäftigte, Medianlohn, Arbeit, UN, Haushalt

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