Illegalen Handel mit Arzneimitteln im Internet unter die Lupe nehmen
Der Markt der illegalen Online-Apotheken wächst weiter und damit auch seine negativen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. „Trotz ihres Einflusses wurde erstaunlich wenig über illegale Online-Apotheken geforscht, daher wissen wir nicht, was ihre Vorteile sind und warum Kundinnen und Kunden sich für den Kauf von Medikamenten aus diesen illegalen Quellen entscheiden“, sagt Luis Diestre, Professor für strategisches Management an der IE University. Doch mit der Unterstützung des EU-finanzierten Projekts IllegalPharma ist Diestre bestrebt, es herauszufinden.
Komplexe Netzwerke und ein diversifizierter Vertrieb
Mit dem Ziel, ein tieferes und breiteres Verständnis für die Wettbewerbsdynamik illegaler Arzneimittelmärkte zu erlangen, entwickelten die Projektforschenden eine neuartige Methode zur Verfolgung der Aktivitäten illegaler Online-Apotheken. Sie prüften zum Beispiel nicht nur Web-Domains und erkannten dabei illegale Online-Apotheken, sondern kartierten auch das komplexe Netzwerk, das viele dieser Betriebe miteinander verband – dieser Prozess gab Aufschluss darüber, welche Netzwerk-Charakteristika darüber entscheiden, ob eine derartige Apotheke erfolgreich ist oder scheitert. „Das Netzwerk der illegalen Online-Apotheken ist ziemlich dynamisch, mit vielen neuen Firmen, die auf den Plan treten, um diejenigen zu ersetzen, die scheitern“, bemerkt Diestre. Das vom Europäischen Forschungsrat unterstützte Projekt betrachtete außerdem, welche Medikamente in welcher Menge verkauft wurden und wie sich der Verkauf im Laufe der Zeit entwickelt hat. „Der Verkauf von Arzneimitteln über illegale Online-Apotheken stellt sich als sehr heterogen heraus. Einige Arten von Medikamenten, wie z. B. Hormontherapien, verkaufen sich besser als ihre legalen Gegenstücke, während andere, wie z. B. solche zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit, eine sehr geringe Nachfrage verzeichnen“, fügt Diestre hinzu.
Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen illegaler Online-Apotheken
Nicht zuletzt analysierte das Team die Folgen des Vertriebs über illegale Online-Apotheken, sowohl in Bezug auf den wirtschaftlichen Verlust als auch auf die Auswirkungen dieser Arzneimittel auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Endverbraucherschaft. „Die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen waren größer als erwartet“, sagt Diestre. In den Vereinigten Staaten zum Beispiel, wo der Verkauf illegaler Arzneimittel über das Internet viel weiter verbreitet ist als hier in Europa, sorgen die illegalen Online-Apotheken für einen Umsatzverlust von 7 % für die Pharmaindustrie. Sie sind zudem für 15 % der unerwünschten Nebenwirkungen verantwortlich, unter denen die Bürgerinnen und Bürger leiden.
Datenschutz, Zugang und Auswahl
Laut Diestre verbessern all diese Informationen unser Verständnis darüber, warum die Kundschaft illegale Medikamente kauft und nachfragt. „Die Gründe, aus denen Menschen bei illegalen Online-Apotheken kaufen, sind so vielfältig wie die Arten von Arzneimitteln, die sie kaufen“, stellt er fest. Der niedrigere Preis, der oft online zu finden ist, ist zwar ein wichtiger Grund, aber nicht der einzige Faktor, der eine Rolle spielt. Während die illegalen Online-Apotheken die Arzneimittel manchmal sogar teurer als auf dem legalen Markt anbieten, liegen ihre größten Vorteile in den Bereichen Datenschutz, Zugang und Auswahl. Die Möglichkeit eines erhöhten Datenschutzes wird beispielsweise von Kundinnen und Kunden, die an stigmatisierten Krankheiten wie psychischen Erkrankungen oder sexuellen Funktionsstörungen leiden, sehr geschätzt. Personen mit Erkrankungen, die eine konstante Einnahme erfordern, wie z. B. Medikamente mit Entzugseffekt, schätzen die Tatsache, dass illegale Online-Apotheken Arzneimittel schneller liefern können, da sie nicht die behördliche Überwachung einhalten müssen, wie es legale Apotheken tun. Illegale Online-Apotheken verfügen zudem über den Vorteil, dass sie Medikamente zur Anwendung außerhalb des zugelassenen Indikationsbereichs an Kundschaft verkaufen können, die diese zur Behandlung von Erkrankungen anwenden wollen, für die das Medikament nicht zugelassen ist. „Ich glaube, dass unsere Ergebnisse und Methoden das Ausmaß dieses großen Problems für die öffentliche Gesundheit aufgedeckt haben und es uns erlauben werden, besser über seine Risiken zu kommunizieren und wirksamere Maßnahmen zu seiner Kontrolle zu ergreifen“, schließt Diestre.
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