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Following the paths of itinerant professionals of the arts in the epigraphic sources of the Hellenistic period

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Auf den Spuren reisender Kunstschaffender im hellenistischen Griechenland

Eine Untersuchung von Inschriften aus der hellenistischen Zeit, die sich auf umherziehende Kunstschaffende – die „poeti vaganti“ – beziehen, hat ein neues Licht auf das kulturelle Leben im antiken Griechenland geworfen.

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Der Einfluss reisender Kunstschaffender, mit Poesie Beschäftigter und Intellektueller auf das kulturelle Leben des antiken Griechenlands nahm während des hellenistischen Zeitalters zu – also den drei Jahrhunderten der griechischen Geschichte zwischen dem Tod Alexanders des Großen im Jahr 323 v. u. Z. und dem Aufstieg des Augustus in Rom im Jahr 31 v. u. Z. Das Projekt PTANOIS POSIN, das mit Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert wurde, verfolgte das Ziel, sich auf dieses Phänomen zu konzentrieren, indem die kulturelle Mobilität während dieses Zeitraums untersucht wird. „PTANOIS POSIN, ein griechischer poetischer Ausdruck, der ‚mit geflügelten Füßen‘ bedeutet, beschreibt die Verbreitung von Kultur, Trends und Professionalität im hellenistischen Griechenland“, erklärt Projektkoordinatorin Angela Cinalli von der Universität La Sapienza in Rom in Italien. „Er bezeichnet auch die Rolle der Kultur des Unterwegsseins und ihre Auswirkungen auf die soziale Dynamik und Identität.“

Das hellenistische Kulturpanorama rekonstruieren

Obwohl die Produkte dieser reisenden Kunstschaffenden nur sporadisch erhalten sind, liefert die Epigraphik – die Inschriftenkunde – entscheidende Daten für die Rekonstruktion eines „volkstümlichen“ Phänomens, das neben der höfischen Kultur bestand. Diese Forschungsarbeit ergab zwei unterschiedliche Bewegungsmuster: Reisen zu Aufführungen außerhalb der Wettbewerbe und groß angelegte Wanderungen zu Wettbewerben. Auf den Spuren dieser Reisenden erfuhr Cinalli mehr über ihre Lebensgeschichte, ihre Aufführungen und ihren Werdegang. „Ich wollte herausfinden, warum diese Kunstschaffenden ein dynamisches Leben führten“, fügt sie hinzu. „Ich wollte außerdem erforschen, wie sich die Aufführungen veränderten, die Entscheidungen dieser reisenden Kunstschaffenden verstehen und die künstlerischen Wege nachzeichnen. Ich wollte ebenso klären, wie das Phänomen der ‚poeti vaganti‘ mit den Kunstgilden der hellenistischen Zeit zusammenhängt.“ Diese Arbeit hat die Eckdaten eines faszinierenden Phänomens aufgedeckt, das nach Ansicht Cinallis in jede Rekonstruktion des hellenistischen Kulturpanoramas einbezogen werden sollte.

Die Datenbank zu den Poeti Vaganti und der Epigraphikpreis

Auf der Grundlage dieser bahnbrechenden Forschung haben Cinalli und das IT-Team des Center for Hellenic Studies an der Harvard University in den Vereinigten Staaten die Datenbank zu den Poeti Vaganti erstellt. Diese frei zugängliche Ressource umfasst eine Karte mit Suchfunktion, mit der Nutzende Reiserouten finden und in die Welt der alten reisenden Kunstschaffenden eintauchen können. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten wurden veröffentlicht, und die erste Monographie des Projekts (Band 2 erscheint in Kürze) über die „poeti vaganti“ wurde auf dem Internationalen Kongress für griechische und lateinische Epigraphik in Bordeaux 2022 mit einem Preis ausgezeichnet. Über PTANOIS POSIN wurden erfolgreich Forschende in digitalen Forschungskompetenzen geschult und damit neue Karrieremöglichkeiten für sie geschaffen. Im Rahmen des Projekts sollten auch Schülerinnen und Schüler von weiterführenden Schulen in Italien durch Erzählungen auf der Grundlage epigrafischen Materials erreicht werden. „In einem Bereich der Website, „Narrating the Stones“, können Schülerinnen, Schüler und Kunstschaffende Geschichten zu den Inschriften der ‚poeti vaganti‘ erfinden“, sagt Cinalli. „Die Arbeiten von Kunstschaffenden der Bereiche Musik und Malerei werden im Rahmen des Projektkonzepts ebenfalls auf der Website vorgestellt.“

Die Idee des Hellenismus neu gestalten

Cinalli ist davon überzeugt, dass diese Forschung dazu beitragen wird, unsere Vorstellungen von Hellenismus neu zu gestalten, indem sie bestehende Sichtweisen infrage stellt und ein neues Licht auf bestimmte Aspekte der antiken Kultur wirft. Aufbauend auf den neuen Erkenntnissen wird an der Universität La Sapienza auch in der Phase nach Projektende weiter dazu geforscht, wie die hellenistische Kultur auf verschiedenen Ebenen zirkulierte und miteinander verbunden war. „Wir haben unsere Ergebnisse öffentlich zur Verfügung gestellt, um den Zugang zur Kultur zu fördern“, kommentiert Cinalli. „Wir haben zudem nachgewiesen, wie Kultur anhand epigrafischer Dokumente rekonstruiert werden kann.“ Cinalli beabsichtigt, das Projekt auf andere Fachgebiete auszudehnen und mit anderen Einrichtungen zusammenzuarbeiten sowie die Zusammenarbeit mit Schülerinnen, Schülern und Kunstschaffenden fortzusetzen.

Schlüsselbegriffe

PTANOIS POSIN, hellenistisch, Griechenland, Kultur, Kunstschaffende, Dichtkunst, Hellenismus

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