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Polymers in the Liver: Metabolism and Regulation

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Personalisierte Modelle liefern Erkenntnisse über Stoffwechselerkrankungen

Dank der Systemmedizin, die klinisches, experimentelles und computergestütztes Fachwissen vereint, könnten die personalisierten PoLiMeR-Modelle erblicher Stoffwechselerkrankungen zu einer besseren Überwachung der Behandlung beitragen.

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Angeborene Stoffwechselstörungen sind genetisch bedingte Krankheiten, bei denen der Körper Nährstoffe nicht richtig verarbeiten kann, was zu einem Mangel an Stoffwechselprodukten oder zur Anhäufung toxischer Stoffwechselabbauprodukte führen kann. Es gibt über 1 900 solcher Krankheiten. Die meisten Behandlungen umfassen Anpassungen der Ernährung, Nährstoffergänzungen oder das Weglassen toxischer Nährstoffe beim Essen, was laut Barbara Bakker, der Koordinatorin des Projekts PoLiMer, „oft nicht so einfach ist und erhebliche Auswirkungen auf die Betroffenen und ihre Familien haben kann“. Das PoLiMeR-Team konzentrierte sich auf den Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (MCAD-Mangel) und die Glykogenspeicherkrankheit. Bei diesen Krankheiten können die Betroffenen Fette bzw. Kohlenhydrate nicht richtig verarbeiten, sodass sie im Schlaf oder bei anstrengender körperlicher Betätigung einen potenziell tödlichen niedrigen Blutzuckerspiegel riskieren. Die PoLiMeR-Computermodelle, die dazu dienen, den Krankheitsverlauf bei einzelnen Personen besser vorherzusagen, könnten den Ärztinnen und Ärzten eines Tages dabei helfen, diejenigen zu finden, bei denen schwere Symptome auftreten oder die gut auf eine Behandlung ansprechen. Im Zuge des innerhalb der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützten Projekts PoLiMeR wurden fünfzehn Nachwuchsforschende in den klinischen, experimentellen und computergestützten Säulen der Systemmedizin ausgebildet.

Von patientenspezifischen Krankheitsmodellen lernen

Das PoLiMer-Team konzentrierte sich auf mit der Leber im Zusammenhang stehende Erkrankungen. „Die Leber ist eine Drehscheibe der Stoffwechselregulierung des Körpers, die Verarbeitung und Speicherung von Nährstoffen und die Entgiftung schädlicher Stoffwechselprodukte, sodass eine Leberfunktionsstörung die Gesundheit eines Menschen stark beeinträchtigt“, erklärt Bakker vom University Medical Center Groningen (Website auf Niederländisch). Die PoLiMeR-Computermodelle weisen unterschiedliche Komplexitätsstufen auf und wurden so konzipiert, dass sie die zugrunde liegenden molekularen Prozesse nachbilden, die an Stoffwechselerkrankungen beteiligt sind. Patientendaten, mithilfe von Proben Betroffener erzeugte Organoide (Miniatur-Leber-auf-einem-Chip mit mehreren Zelltypen und Gefäßen), dünne, von Betroffenen gewonnene Gewebeschnitte und Tierstudien bildeten die Grundlage der Modelle. Es wurde ein detailliertes Modell eines Glykogenmoleküls erstellt, um besser zu verstehen, wie es wächst, Verzweigungen bildet und abgebaut wird, um Glukose freizusetzen. „Unter Einbeziehung spezifischer genetischer Mutationen, die für die beteiligten Enzyme kodieren, könnten wir besser vorhersagen, wie sich bestimmte Krankheiten auf die Glykogenstruktur und die Regulierung des Blutzuckerspiegels auswirken“, erklärt Bakker. In Bezug auf den Stoffwechselweg wurde die Fettoxidation in den Zellen modelliert, wobei die Einbeziehung patientenspezifischer Enzymwerte dazu beitrug, zu erklären, warum einige Betroffene schwere Symptome aufweisen, während bei anderen nur leichte oder gar keine Symptome auftauchen. „Dieses Modell verdeutlichte die Auswirkungen individueller Unterschiede in der Fähigkeit, einen ausreichend hohen Koenzym-A-Spiegel (ein Vitamin-B5-Derivat) aufrechtzuerhalten. Bei Menschen mit MCAD-Mangel besteht die Gefahr eines schweren Koenzym-A-Mangels, der die Symptome verschlimmern kann, insbesondere unter Stressbedingungen wie Kälte“, sagt Bakker. Das Team baute außerdem ein Modell auf Gesamtzellebene auf, das alle bekannten Leberreaktionen umfasst und widerspiegelt, wie Stoffwechselprozesse im Falle einer Stoffwechselerkrankung vom Körper umgelenkt werden. „Dieses Modell deutet darauf hin, dass ein veränderter Vitaminstoffwechsel auch bei der Glykogenspeicherkrankheit eine wichtige Rolle einnehmen könnte“, fügt Bakker hinzu. Zur Analyse setzte das Team Massenspektrometrie ein, um die Proteinkonzentrationen in den Zellen, die Stoffwechselprozesse katalysieren (Enzyme), die Konzentrationen von Metaboliten selbst oder, unter Einbeziehung stabiler Isotope, die Geschwindigkeiten dieser Prozesse zu quantifizieren.

Die Systemmedizin der Klinik näherbringen

Zur Unterstützung der EU-Ziele im Bereich Gesundheitsversorgung in Hinsicht auf mehr personalisierte Medizin hoffen die Forschenden nun, die Systemmedizin näher an die Klinik heranzurücken, wo ihr Ansatz auf eine Reihe von Behandlungen sowie auf andere Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes angewendet werden könnte. „Gentherapien könnten zwar eines Tages die Risiken von Stoffwechselkrankheiten verringern, aber wir brauchen immer noch Instrumente zur Optimierung und Bewertung dieser Behandlungen, zum Beispiel durch Überwachung der Glukoseproduktion, die wir bereits an Betroffenen erproben“, sagt Terry Derks, Kinderarzt für Stoffwechselerankungen und PoLiMeR-Forscher. Zudem wird im Rahmen eines neuen Gemeinschaftsunternehmens auch der Stoffwechsel von Vitaminen und Kofaktoren näher erkundet. „Vitaminpräparate könnten sich für Menschen, die von angeborenen Stoffwechselstörungen betroffen sind, als eine sehr erschwingliche und zugängliche Möglichkeit erweisen, ihre Symptome in den Griff zu bekommen“, so Bakker abschließend.

Schlüsselbegriffe

PoLiMeR, Stoffwechselerkrankung, Leber, Fett, Kohlenhydrate, Glykogen, Stoffwechselprodukte, Glukose, Koenzym A, Modell

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