Neuer Weg zum Design modularer Proteine
Proteine sind die komplexen Moleküle, die für den größten Teil der Arbeit in unseren Zellen verantwortlich sind. Sie übernehmen eine wesentliche Rolle für die Struktur, die Funktion, die Regulierung und das Wohlbefinden des Körpers. Aber was wäre, wenn Proteine noch mehr leisten könnten? „Natürliche Proteine stellen nur einen winzigen Bruchteil aller möglichen Proteinsequenzen und -strukturen dar“, erklärt Roman Jerala, Biochemiker am National Institute of Chemistry(öffnet in neuem Fenster) in Slowenien. Die Herausforderung besteht hier darin, neue Proteine zu entwerfen, die sich in der Natur noch nicht entwickelt haben. „Proteinstrukturen mit neuen Formen und Eigenschaften zu erschaffen, könnte die Tür zu neuen Durchbrüchen in Medizin, Technologie und Wissenschaft öffnen“, fügt Jerala hinzu. Eine Antwort auf diese Herausforderung bildet das Projekt MaCChines(öffnet in neuem Fenster), das von Jerala geleitet wird.
Die Vorteile von Coiled-Coil-Bausteinen
Das Ziel des vom Europäischen Forschungsrat(öffnet in neuem Fenster) (ERC) unterstützten Projekts besteht darin, das Design modularer Proteine auf der Basis sogenannter Coiled-Coil-Bausteine voranzutreiben. Hauptforscher Jerala erklärt, dass Coiled-Coil-Strukturen aus zwei oder mehr Peptidhelices (eine Sekundärstruktur bei Proteinen) bestehen, die umeinander gewunden sind. Im Gegensatz zu natürlich entstandenen Proteinen, deren Faltung durch den hydrophoben Kern definiert ist, sind diese im Labor entworfenen Proteine durch die Anordnung von Dimer-bildenden Coiled-Coil-Modulen gekennzeichnet, die zu einer einzigen Polypeptidkette verbunden sind. Diese Kette fügt sich zu einem bestimmten Signalweg zusammen, der dann neue Proteinfalten bildet. Dimer-bildende Module vermitteln die Interaktion von zwei Proteinuntereinheiten (Protein-Dimeren), die für eine Reihe von Zellfunktionen von entscheidender Wichtigkeit sind. Diese Module können wissenschaftlich genutzt werden, um Proteine mit spezifischen Funktionen und Interaktionen zu entwerfen. „Diese programmierbaren Moleküle weisen viele Eigenschaften auf und können von Zellfabriken auf eine energie- und ressourceneffiziente sowie nachhaltige Weise hergestellt werden“, erklärt Jerala. „Außerdem gehen wir davon aus, dass sie aufgrund ihrer im Nanomaßstab definierten Struktur wirkungsvoll in Bezug auf Erkennung, Abgabe und Katalyse sind sowie in der Medizin, Biotechnologie und anderen Bereichen Anwendung finden werden.“
Ergebnisse übertreffen Erwartungen
Unter Einsatz dieser Coiled-Coil-Bausteine hat das Team des Projekts MaCChines neue, in der Natur unbekannte Arten von Proteinkäfigen entworfen und charakterisiert, ihren Auf- und Abbau mithilfe von Metallionen und Proteasen reguliert, ihren Faltungssignalweg konzipiert und ihre Anwendung bei verschiedenen Arten der zellulären Regulation demonstriert. „Die Projektarbeit war sehr produktiv und die Ergebnisse haben in mancherlei Hinsicht sogar meine eigenen Erwartungen übertroffen“, merkt Jerala an. Die Konstrukte des Projekts stehen über Addgene(öffnet in neuem Fenster) zur Verfügung und werden bereits von anderen Forscherinnen und Forschern genutzt, die unter anderem auf den Gebieten der synthetischen Biologie und Bio-Nanotechnologie arbeiten.
Die Rolle des modularen Proteindesigns in einer KI-basierten Welt
Der Fortschritt schreitet unglaublich schnell voran, und auch das Proteindesign bildet diesbezüglich keine Ausnahme. Tatsächlich erfüllen die jüngsten KI-basierten Proteine bereits die Träume der Fachleute für Proteindesign. Jerala ist dennoch zuversichtlich, dass sich die Projektarbeit auch weiterhin nachhaltig auswirken wird. „Auch wenn wir die Technologie des generativen Proteindesigns in vollem Umfang ausnutzen, sind die Prinzipien des modularen Proteindesigns etwas, das die KI-basierten Designs nicht leisten können“, schließt Jerala. „Einige unserer Designs mit experimentell festgelegten Strukturen können aufgrund ihrer komplexen Topologie noch nicht von KI-Programmen vorhergesagt werden.“ Mit Unterstützung des neuen ERC-finanzierten Projekts PROFI und unter Nutzung der im Verlauf von MaCChines geschaffenen Grundlagen verlagert Jeralas Forschungsteam nun seinen Schwerpunkt auf die Regulierung von Säugetierzellen mithilfe von per Design erzeugten Proteinen. Die Forschenden hoffen außerdem, die Umsetzung von Werkzeugen der synthetischen Biologie in therapeutische Anwendungen erkunden zu können.