Saatgut- und Sorteninnovationen zur Unterstützung ökologischer Landwirtschaftssysteme
Trotz eines wachsenden Marktes für Bioprodukte hat die europäische Landwirtschaft Schwierigkeiten, geeignetes Saatgut und geeignete Sorten zu finden. Monika Messmer, wissenschaftliche Koordinatorin von LIVESEEDING(öffnet in neuem Fenster), dazu: „Im Jahr 2018 waren schätzungsweise nur etwa 50 % des im ökologischen Anbau verwendeten Saatguts tatsächlich ökologisch(öffnet in neuem Fenster). Die meisten Bio-Felder werden mit Sorten bewirtschaftet, die für die konventionelle Landwirtschaft entwickelt wurden und nur selten unter ökologischen Bedingungen getestet werden.“ LIVESEEDING verbessert die Verfügbarkeit von kräftigem und widerstandsfähigem Bio-Saatgut und entsprechenden Bio-Sorten für eine Reihe von Kulturpflanzen. Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Erprobung und Förderung von Sorten, die für den ökologischen Anbau geeignet sind, sowie auf der Entwicklung neuer Sorten.
„Pull-Push-Ermöglichungs“-Methodik
Der ökologische Landbau kann florieren, wenn er Zugang zu Sorten erhält, die speziell für die besonderen Bedingungen und Bewirtschaftungsmethoden ökologischer Systeme gezüchtet wurden, wie beispielsweise so, dass auf synthetische Düngemittel und Pestizide verzichtet werden kann. LIVESEEDING wandte eine „Pull-Push-Ermöglichungs“-Methode an: Sie fördert die Marktnachfrage (Pull), erhöht die Verfügbarkeit und Eignung von ökologischem Saatgut von an den ökologischen Landbau angepassten Sorten (Push) und fördert ein unterstützendes politisches und regulatorisches Umfeld (Ermöglichung). Das Projekt vereint 37 Organisationen entlang der Wertschöpfungskette(öffnet in neuem Fenster), von Zuchtbetrieben bis hin zur Verbraucherschaft, die in 17 lokalen Living Labs in 16 europäischen Ländern zusammenarbeiten und sich auf ökologische Züchtung, Sortenerprobung und Saatgutproduktion konzentrieren. „Durch die Einführung ökologischer Kriterien am Anfang der Wertschöpfungskette, das heißt bei Saatgut und Kulturpflanzen, können wir Wege zu nachhaltigeren Landwirtschafts- und Lebensmittelsystemen eröffnen, die auf der biologischen Vielfalt beruhen, die LIVESEEDING bereitstellt“, erklärt Mariateresa Lazzaro, die wissenschaftliche Koordinatorin von LIVESEEDING.
Beteiligung von Interessengruppen
Als Reaktion auf den Mangel an geeigneten Sorten schuf das Living Lab „Resilient Rice“ in Italien genetisch vielfältige Reispopulationen und förderte einen „kulinarischen Züchtungsansatz“ – eine Kombination aus Genetik und Gastronomie – mit Verkostungspanels, die sich aus Personen aus der Landwirtschaft, technischen Berufen, der allgemeinen Bevölkerung und der kulinarischen Branche zusammensetzten. „Living Labs wie dieses zeigen, wie durch Zusammenarbeit innovative, biodiverse und widerstandsfähige lokale Lebensmittelsysteme entstehen können“, fügt Lazzaro hinzu. Die Reispopulationen befinden sich jetzt in der Notifizierungsphase für ökologisches heterogenes Material(öffnet in neuem Fenster) (ÖHM), was einen Meilenstein für die gemeinschaftliche Pflanzenzucht darstellt. Das Projekt entwickelt außerdem digitale Hilfsmittel(öffnet in neuem Fenster) für das Populationszuchtmanagement, die ÖHM-Notifizierung und eine benutzerfreundliche Plattform, die die Landwirtschaft bei kosteneffektiven Sortenerprobungen unterstützt. Die EU-Router-Datenbank verknüpft derweil Angebote von Saatgutanbietern mit nationalen Repositorien.
Die Saat von Politik und Praxis
Dank des LIVESEEDING-Konsortiums erreichen bereits Bioprodukte auf Basis neu entwickelter und traditioneller Sorten die Verbraucherschaft, darunter Zwiebeln und Rüben, die in Schweizer Supermärkten verkauft werden, und „Blanco de Villena“-Paprika in Spanien. Das bis September 2026 laufende Projekt entwickelt derzeit Geschäftspläne zur Unterstützung des Wachstums des Sektors für biologisches Saatgut und Pflanzenzüchtung, wobei der Schwerpunkt auf weniger entwickelten Märkten liegt, insbesondere in Ost- und Südeuropa. LIVESEEDING spielt auch eine aktive Rolle im Dialog zwischen Wissenschaft und Politik und liefert Erkenntnisse zu einer Vielzahl wichtiger regulatorischer Themen. Jährliche Konferenzen zur Saatgutpolitik in Kroatien, Polen und Portugal legten den Grundstein für nationale Fahrpläne hin zu 100 % biologischem Saatgut, die durch ein Webinar im Jahr 2025 unter Beteiligung von über 100 Teilnehmenden, darunter auch Saatgutlieferanten, noch weiter unterstützt wurden. „Durch die Unterstützung von Maßnahmen zur Integration von kultivierter Biodiversität und biologischem Saatgut in städtische Agrarnahrungsmittelsysteme, wie z. B. kommunale Saatgutbanken, verbessern die Kommunen die Gesundheit der Menschen und erhöhen die Ernährungssicherheit“, so der Koordinator von LIVESEEDING, Mariano Iossa vom Projektträger FiBL Europa(öffnet in neuem Fenster).