Feature Stories - Irland: Herzstück des Schaltkreises Europa
Irland profitiert sicherlich von der Präsenz der ganz großen Namen des IKT-Bereichs. Ältere Konzerne wie Microsoft und HP sowie auch Google und neuere Mitspieler wie Facebook und Twitter - sie alle haben unter der Anziehungskraft der niedrigen irischen Körperschaftssteuern und der gut ausgebildeten Arbeitskräfte mit Englisch als Muttersprache ihre EMEA-Operationen (Europa, Naher Osten und Afrika) in Irland aufgebaut. Das Land hat jedoch auch einen robusten und äußerst erfolgreichen einheimischen IKT-Sektor vorzuweisen, der auf dem fundamentalen Wissen und der Forschungsbasis der zahlreichen irischen Universitäten und IKT-Forschungsinstitute aufbaut. Und genau diese IKT-Forschung und Innovation aus eigener Kraft will Irland mit der Beteiligung an EU-finanzierten Programmen weiterentwickeln, um irische Informations- und Kommunikationstechnologien zu einem Treiber des zukünftigen Wirtschaftswachstums zu machen. Beachtliche Forschungskompetenz Das Tyndall National Institute am University College Cork hat einen guten Ruf in Sachen IKT-Forschung und Expertenwissen. Es kann eine beeindruckende Erfolgsbilanz in Fragen der Beteiligung an und der Koordination von zahlreichen RP7-Projekten vorweisen. Aufgrund des Know-how auf den Gebieten der Mikrosystemtechnik und Nanoelektronik koordiniert Tyndall beispielsweise derzeit drei RP7-Projekte. Das Projekt ARROWS (1) arbeitet an der Entwicklung eines Kapillarelektrophorese-Flüssigchromatografie-Massenspektrometers (Capillary-electrophoresis/liquid-chromatography mass spectrometer, CE/LC-MS) in Chipgröße, das zur Analyse von Nahrungsmitteln, Getränken und Stichproben aus dem Gesundheitswesen geeignet sein soll. Heart-e-Gel (2) arbeitet unterdessen an der Entwicklung neuer Aktuatoren, welche die Fähigkeit bestimmter Materialien ausnutzen, sich auf das Mehrfache ihres Volumens ausdehnen bzw. wieder zusammenziehen zu können, wenn eine geringe Spannung angelegt wird. Die Technologie könnte zur Reparatur von Blutgefäßen oder in Vorrichtungen zum Einsatz kommen, welche die Erweiterung der Arterien regulieren. Creganna-TactX Medical, irischer KMU-Teilnehmer, hofft darauf, die Technologie eines Tages bei neuartigen Geräten für minimalinvasive Eingriffe nutzen zu können. Die im Rahmen des SQWIRE-Projekts (3) vorangetriebene Entwicklung von Silizium-Quantendraht-Transistoren könnte in der Welt der Industrie gewaltige Veränderungen auslösen. Tyndall konnte bereits theoretisch und experimentell demonstrieren, dass unter Einsatz von Silizium-auf-Isolator-Substraten Nanodrahttransistoren hergestellt werden können. Diese neuartigen Bauelemente haben elektrische Eigenschaften, die mit denen regulärer Transistoren vergleichbar oder sogar besser als diese sind. Die Projektpartner arbeiten an der Verbesserung des Fertigungsprozesses sowie der Validierung der Technologie. Tyndall verfügt ebenso über Stärken in der Photonik und führt drei weitere Projekte auf diesem Gebiet an: (PhastID (4), Biancho (5) und C-3PO (6)). Diese Projekte erkunden Photonikanwendungen in der Medizin und im Bereich der schwachstromigen Telekommunikation, die - da umweltfreundliche Informations- und Kommunikationstechnologien zunehmend attraktiver werden - als ein potenziell wichtiges und lukratives Feld zu betrachten ist. Obgleich Tyndall eine wichtige Rolle im irischen FuE-Aktivposten einnimmt, handelt es sich hier keineswegs um den einzigen Mitspieler. Insgesamt 26 RP7-Projekte haben koordinierende Einrichtungen in Irland. Das Waterford Institute of Technology ist zum Beispiel auf die Aspekte Vertrauen, Sicherheit und Zuverlässigkeit für das Internet der Zukunft spezialisiert. Es koordinierte acht RP7-Projekte und führte eine europaweite Koordinierungsmaßnahme für Clusterbildung und Wissensaustausch zwischen EU-finanzierten Vertrauens- und Sicherheitsprojekten mit dem Titel EFFECTS+ (7) an. Kleines Land - große Mitspieler Und auch wenn sie nicht immer eine koordinierende Rolle spielen, so haben sämtliche Top-Universitäten und IKT-Forschungseinrichtungen des Landes in mehreren Großprojekten Beiträge zu wesentlichen Forschungsergebnissen geleistet. Das Trinity College Dublin war beispielsweise der größten Partner im N4C-Projekt (8). Diese Initiative wurde gestartet, um neue und alternative Netzwerktechnologien für geografische Gebiete Europas mit mangelhafter IKT-Anbindung zu implementieren und zu testen. Irland hat erkannt, dass Wirtschaftswachstum von einem Internet der Zukunft abhängt, das für jedermann und nicht nur für die Bevölkerung in den Städten und den gut angebundenen Regionen zugänglich ist. N4C konzentrierte sich auf die Weiterentwicklung der DTN-Architektur (Delay and disruption-tolerant networking) und damit im Zusammenhang stehender Technologien, die zur Verbesserung der Konnektivität für abgelegene Gemeinden eingesetzt werden könnten. Das Trinity College Dublin leitete zwei der zentralen Arbeitspakete des Projekts, in denen die Software und spezielle Hardware für DTN-Systeme entwickelt wurden. Man arbeitete eng mit Intel Irland zusammen, um einige ultramobile schwachstromige Geräte zu bauen und zu testen, wozu auch der solarbetriebenen "Village DTN-Router" zählte, der etliche drahtlose Anschlussmöglichkeiten und ein modernes Energiemanagement zur Senkung des Energieverbrauchs zu bieten hat. Auch das University College Galway war in ein Projekt einbezogen, welches das Problem der Anbindung ländlicher und abgelegener Gemeinden in Irland an das Internet lösen soll, um eine Ausgrenzung aus der Welt des Internets zu verhindern sowie Geschäftstätigkeit und Wachstum zu unterstützen. Das Projekt FAST (9) erkannte die Bedeutung des Prosumentenmodells (Produzenten-Konsumenten) und der Kleinstunternehmen als potenzielle Dienstleistungsanbieter im Internet der Zukunft. FAST verfolgte einen nutzerzentrierten Top-down-Ansatz zur Entwicklung einer neuen visuellen Programmierumgebung, die es den Programmierern viel einfacher macht, Benutzeroberflächen und Anwendungen zu erstellen, die komplexe semantische Backend-Webdienste beinhalten. Die Projektpartner demonstrierten ihre Arbeit, indem sie etliche sogenannte "Enterprise-Mashups" entwarfen. Das University College Galway nutzt nun die FAST-Umgebung bei der Koordinierung von Puzzled by Policy , einem im Rahmen von ICT PSP als Teil des Programms Wettbewerbsfähigkeit und Innovation geförderten Projekt. Das Projekt wendete FAST zum Aufbau einer Plattform an, die es den Nutzern gestattet, auf grafische Weise ihre Ansichten zur Einwanderung mit nationaler und EU-Einwanderungspolitik sowie mit den Meinungen relevanter Interessengruppen zu vergleichen. Die Benutzer werden dort aufgefordert, an Diskussionen über bestimmte Aspekte der Einwanderungspolitik teilzunehmen, die sie gefühlsmäßig stärker ansprechen. Es sind allerdings nicht nur die Universitäten, die kräftig und stetig mitziehen. Die irische Firma Cora Tine Teoranta erhielt sage und schreibe 9% des Budgets für ihre Teilnahme am RP7-Projekt E-Stars (10). Die Partner wollen verbesserte Sensorik- und Kommunikationsfunktionen innerhalb eines autonomen intelligenten Mikrosystems entwickeln, das von einer neuen integrierten 3D-Hochleistungs-Mikrobatterie mit Energie versorgt wird. Cora Tine Teoranta ist im ländlichen und relativ isolierten Donegal zu Hause und arbeitete dort mit nur 25 Mitarbeitern daran, die Technologie in das Kelsius-System zur ferngesteuerten drahtlosen Temperatur- und Aufgabenüberwachung (Kelsius remote wireless temperature and task-monitoring system) zu integrieren und das Ganze zu testen. Starke Zahlen Irland hat die Bedeutung einer synergistischen, gegenseitig unterstützenden Zusammenarbeit für eine Maximierung der Vorteile der beachtlichen IKT-FuE-Basis des Landes als treibende Kraft für ein zukünftiges Wirtschaftswachstum erkannt. Für dieses kleine - und immer noch weitgehend bäuerliche - Land ist es im Forschungsbereich oft nur schwer, eine kritische Masse zu erreichen, aber Wissenslücken und Engpässe bei Ressourcen können durch eine effektive Zusammenarbeit und den Austausch von Know-how gefüllt werden. Die Teilnahme an der europäischen Forschung sowie von EU-Finanzmitteln ermöglichte Investitionen in FuE-Ressourcen sollten sich als erfolgreiche Strategie zur Sicherung der wirtschaftlichen Konjunktur und des weiteren ökonomischen Wachstums Irlands erweisen. --- Die in diesem Artikel vorgestellten Projekte wurden vom Programm zur Unterstützung der IKT-Politik des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) oder dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) für Forschung unterstützt. (1) "Advanced interfaced micro-systems research for analysis of real-world clinical, food, environmental and waste samples" (2) "Microsystem integration based on electroactive polymer gels for cardiovascular applications" (3) "Silicon Quantum Wire Transistors" (4) "Robust, affordable photonic crystal sensors for point-of-care disease diagnostics" (5) "Bismide and nitride components for high temperature operation" (6) "Colourless and coolerless components for low power optical networks" (7) "European framework for future internet - compliance, trust, security and privacy through effective clustering" (8) "Networking for communications challenged communities: architecture, test beds and innovative alliances" (9) "Fast and advanced storyboard tools" (10) "Efficient smart systems with enhanced energy storage" Nützliche Links: - RP7 auf CORDIS - CIP auf CORDIS - ARROWS auf Cordis - Heart-e-Gel auf Cordis - Sqwire auf Cordis - PhastID auf Cordis - Biancho auf Cordis - C-3PO auf Cordis - Effects+ auf Cordis - N4C auf Cordis - FAST auf Cordis - E-Stars auf Cordis Weiterführende Artikel: - Nationale Kontaktstellen Irland RP7