Der Zahn der Evolution
Die Entwicklung des Kieferknochens gilt weithin als eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der tierischen Evolution und bildet die Grundlage für die gesamte biologische Artenvielfalt bei Wirbeltieren. Die beteiligten Forscher prüften die Behauptung, dass sich zahnähnliche Fortsätze bei kieferlosen Wirbeltieren zu einem früheren Zeitpunkt entwickelten als Kieferknochen. Auch wurde untersucht, ob sich Zähne bei Placodermi (Plattenhäutern) finden, fischähnlichen Wirbeltieren, deren Kopf und Rumpf mit Knochenplatten gepanzert waren, und die als die ältesten kiefertragenden Wirbeltiere gelten. Das Projekt JAWS Emerge (Jaws emerge: Insight from placoderms to resolve the evolutionary emergence of gnathostomes) untersuchte mit hochmodernen Mikroskopverfahren zahnähnliche Strukturen im Rachenraum des primitiven kieferlosen Vertebraten Loganellia scotica. Bei den Strukturen handelte es sich, wie sich nun herausstellte, um körperinterne Schuppen, die keine Ähnlichkeit mit Zähnen von Wirbeltieren haben. Analysen der Verwandtschaft zwischen diesen internen Schuppen und Zähnen von Wirbeltieren deuteten auf eine konvergente Evolution hin. Bei der konvergenten Evolution entwickeln Organismen, die nicht eng verwandt sind, unabhängig voneinander ähnliche Merkmale, um sich den jeweils vorherrschenden Umweltbedingungen anzupassen, beispielsweise Zähne bei kiefertragenden Wirbeltieren. Mit der Arbeit von JAWS Emerge, das die Hypothese zur Entwicklung von Zähnen und Kiefern überprüfte, liegen nun wesentliche neue Erkenntnisse zur Evolution von Wirbeltieren vor, was wiederum die Paläobiologie, die Evolutionsbiologie und die Entwicklungsgenetik deutlich voranbringen wird.