Selektion von Wirkstoff-Targets mit bioinformatischen Methoden
Um biologische Ursachen von Krankheiten besser zu verstehen, müssen die komplexen Signalnetzwerke, die zu ihrer Entstehung führen, im Detail untersucht werden. Bevor dieses schwer durchschaubare Zusammenspiel verschiedener Moleküle experimentell untersucht wird, könnten die Interaktionen im zu untersuchenden System idealerweise mit bioinformatischen Methoden modelliert werden. Dieser Problemstellung widmete sich das EU-finanzierte Projekt VALAPODYN (Validated predictive dynamic models of complex intracellular pathways related to cell death and survival). Es entwickelte einen systembiologischen Ansatz zur Modellierung dynamischer molekularer Interaktionsnetzwerke (MIN), in diesem Falle eines Netzwerks, das das Absterben und Überleben von Neuronen steuert. Der Schwerpunkt lag auf der computergestützten Simulation, mit der potenzielle neue Wirkstoff-Targets zur Therapie neurodegenerativer Erkrankungen identifiziert werden können. Für die Einrichtung der integrierten Datenbanken sammelten die Projektpartner alle relevanten biologischen Daten und modellierten das Netzwerk für die biologischen Prozesse. In das dynamische Modell wurden anschließend bekannte Signalkaskaden und neue biologische Daten eingespeist, so dass es anhand dessen therapeutische Wirkstoff-Targets aus verschiedenen Simulationsumgebungen selektieren kann. Die Auswertung resultierte in einer Auswahl von Kandidaten, die anschließend auf biologischer Ebene im zu untersuchenden System validiert wurden. Die Machbarkeit des MIN-Modells demonstrierten die Projektpartner an einem Mausmodell für induzierte Neurodegeneration und führten RNA- und Proteinanalysen in verschiedenen Gehirnarealen durch. Anschließend wurden die experimentellen Daten in das MIN-Modell eingespeist. Es beschrieb das Verhalten eines großen Signalnetzwerkes bestehend aus 521 Molekülen (Genen/Proteinen), die durch 3.069 direkte und gerichtete Interaktionen miteinander verbunden waren.Insgesamt gilt das MIN-Modell als eines der größten dynamischen Signalnetzwerkmodelle mit einer relativen Fehlerquote von 16%. Durch Simulation der neurodegenerativen Vorgänge wurden drei potenzielle therapeutische Targets identifiziert (BDNF, Vala09, Vala01), so dass ein mögliches Therapeutikum darauf beruhen würde, deren Interaktion zu inhibieren. Das innovative dynamische Netzwerkmodell von VALAPODYN bietet Forschern ein effizientes Werkzeug zur Aufklärung einer ganzen Reihe von Erkrankungen.