Die Ursprünge von Fettleibigkeit abwägen
Fettleibigkeit bei Kindern hat in der Häufigkeit weltweit die Ausmaße einer Epidemie erreicht. Trotz Fortschritte im Wissen zur endokrinen und neuronalen Regulation der Energiebilanz, bleiben die zugrunde liegenden Mechanismen von Fettleibigkeit unklar. Immer mehr Hinweise deuten darauf hin, dass die bestimmenden Faktoren bereits früh im Leben wirken und dass die Exposition gegenüber Umweltschadstoffen die Anfälligkeit für Fettleibigkeit erhöht. Das EU-finanzierte Projekt OBELIX (Obesogenic endocrine disrupting chemicals: linking prenatal exposure to the development of obesity later in life) überprüfte die Hypothese, dass die pränatale Exposition gegenüber EDC in der Nahrung eine Rolle bei der Entwicklung von Fettleibigkeit im späteren Leben spielt. Das Projekt konzentrierte sich auf sechs Hauptklassen von EDC: Dioxine, polychlorierte Biphenyle, bromierte Flammschutzmittel, Organochlorpestizide, Phthalate und perfluorierte Alkylsäuren (PFAA). Mithilfe von Geburtskohorten in ganz Europa beobachteten die Wissenschaftler, dass die perinatale EDC-Exposition weit verbreitet ist. Sie entwickelten neue Methoden zur Bewertung des Vorhandenseins von Chemikalien in Nabelschnurblut und Muttermilch. Nach der epidemiologischen Beurteilung von Geburtsgewicht, Wachstum und Body-Mass-Index (BMI) bei Kindern, fanden sie heraus, dass die postnatale Exposition gegenüber PCB 153 mit einem verminderten Geburtsgewicht im Zusammenhang stand. Pränatale Exposition gegenüber Dichlordiphenyldichlorethen (DDE) wurde mit einem schnellen Wachstum bei Kindern von bis zu 2 Jahren assoziiert, während die perinatale Exposition gegenüber dioxinähnlichen Chemikalien den BMI erhöhte. In einem anderen Teil des Projekts führten die Wissenschaftler Tierstudien durch, um ihre epidemiologischen Beobachtungen zu bestätigen. Die perinatale Exposition von Mäusen gegenüber verschiedenen EDC führte zu einem veränderten Lipidspiegel und Stoffwechselstörung, was jedoch nicht durchgehend mit einer Zunahme des Körpergewichts übereinstimmte. Einblicke in den Wirkmechanismus von EDC wiesen darauf hin, dass sich Epigenetik und Genexpression zusammen mit der Fettzelldifferenzierung verändern. Zusätzliche Studien an Nabelschnurblut zeigten eine Assoziation mit Glukokortikoid-, Östrogen- und Progesteron-Signalisierung. Darüber hinaus ergab die Risikobewertung, dass die kritischen Effektkonzentrationen bestimmter EDC niedriger waren als diejenigen, die für die Bestimmung der derzeitigen tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI) verwendet werden. Insofern reichen die aktuellen TDI als Schutz möglicherweise nicht aus. Insgesamt zeigen die Ergebnisse des OBELIX-Projekts, dass eine Belastung durch EDC im frühen Leben Stoffwechselwege verändern können, die für die Gewichtsregulierung verantwortlich sind. Allerdings müssen die langfristigen Folgen dieser Effekte in der frühen Kindheit weiter erforscht werden.
Schlüsselbegriffe
Adipositas, endokrin wirksame Stoffe, pränatale Exposition, Lipid, Genexpression