Wissenschaftlicher Fortschritt wird Europa bei der Bekämpfung von BSE- und Creutzfeldt-Jakob-Epidemien helfen
Britische Forscher haben einen wichtigen Fortschritt hinsichtlich ihrer Kenntnisse über den Vorgang erzielt, durch den das bei der Bovinen Spiongioformen Encephalopathie (BSE) beim Rind bzw. dem Creutzfeldt-Jakob-Syndrom (CJD) beim Menschen vorkommende Hirnprotein derart schwerwiegende Schäden verursacht, wie der in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Forschungsarbeit zu entnehmen ist. Dank diesem Fortschritt wird das Europäische Parlament, das nächsten Monat über eine gemeinsame Resolution ihrer Landwirtschafts- und Umweltausschüsse debattieren soll, sich besser dafür einsetzen können, daß Gesundheits- und Verbraucherschutzmaßnahmen vor allen anderen zur Bekämpfung von BSE eingesetzten Maßnahmen Vorrang gegeben werden muß. Es ist damit zu rechnen, daß der Ministerrat auf seiner Tagung am 14. Juni 1999 eine gemeinsame Position erzielen wird. Bei Prionkrankheiten wie BSE und Traberkrankheit bei Tieren bzw. dem Creutzfeldt-Jakob-Syndrom bei Menschen nimmt ein normales Zellprotein, das als Prionprotein oder PrP bekannt ist, eine anomale bzw. abartige Form an. Es wird vermutet, daß es sich bei diesem abartigen PrP um das infektiöse Prion" handelt, das diese Krankheiten verursacht. Es repliziert sich durch Umwandlung des normalen PrP in weiteres abartiges PrP, was eine Kettenreaktion auslöst, die zu seiner fortschreitenden Anhäufung und somit zu Gehirnschäden führt. Der Unterschied zwischen den normalen und den abartigen Versionen von PrP liegt bekanntlich in ihrer Form. Bisher war es ein Rätsel, wie die Umwandlung von normalem zu anomalem PrP nun eigentlich vor sich geht. Nunmehr aber gelang es Forschern, diese bemerkenswerte und beispiellose Verwandlung in einem Reagenzglas zu beobachten, wie Professor John Collinge, Imperial College School of Medicine und Direktor des Medical Research Council Prion Unit, erklärte, der Leiter des Forschungsteams ist: "Es gibt zwei wichtige Bausteine, aus denen Proteine hergestellt werden, welche als Alpha-Helices bzw. Beta-Faltblätter bezeichnet werden. Normales PrP besteht fast ganz aus Alphastruktur, während die aus der Art schlagende Form größtenteils aus Beta-Faltblatt besteht. Unter Verwendung einer genetisch manipulierten Form normalen löslichen Prionproteins ist es uns zum ersten Male gelungen, den Augenblick festzuhalten, wenn der Wandel stattfindet. Jetzt wissen wir, daß bei der Umwandlung eine Einfachbindung im Molekül aufgelöst wird, die normalerweise innerhalb von Zellen existiert. Diese bemerkenswerte Eigenschaft von Prionprotein ist beispiellos, da bisher noch bei keinem anderen Protein beobachtet werden konnte, daß es in der Lage wäre, in zwei derart ungleichen Formen zu existieren", führte Professor Collinge aus. Darüber hinaus bildet dieses Protein - wenn es in die normalerweise im Gehirn vorkommende Salzkonzentrationen gelegt wird - klumpiges, aggregiertes Material, das sich von der abartigen Form, die sich bei BSE und CJD im Gehirn ansammeln, nicht unterscheiden läßt. Zum ersten Mal leitet sich daraus eine Erklärung ab, wie diese Prione sich replizieren. Diese Forschung, die gemeinsam vom Wellcome Trust, der größten wohltätigen Forschungsorganisation der Welt und vom Medical Research Council (MRC) finanziert wird, stellt einen bedeutenden Fortschritt im Hinblick auf das Verständnis der Hauptvorgänge bei Prionerkrankungen dar. In Anbetracht dieser neuen Informationen müßte es möglich sein, Antikörper herzustellen, die speziell Beta-PrP ermitteln und somit Gelegenheit zu neuen diagnostischen Tests für Prionerkrankungen bei Menschen und Tieren bieten. Das Wissen darum, wie der Übergang von normal auf anomal erfolgt, könnte Forschern dabei helfen, neue Arzneimittel zu entwickeln. Vielleicht ist es in der Zukunft möglich, Beta-PrP zur Entwicklung neuer Strategien für Therapien sowie zur Verhütung von Prionerkrankungen zu verwenden. "Die Tatsache, daß wir nun verstehen, wie das Prionprotein von seiner Alpha-auf die Betaform übergeht, erschließt neue Forschungsrichtungen zur Erkundung von CJD und BSE", meinte Professor Collinge. "Während uns das die Möglichkeit der Entwicklung viel besserer diagnostischer Tests bietet, bleibt unser Endziel - eine wirksame Behandlungsmethode für diese verheerenden Gehirnkrankheiten zu entwickeln - nach wie vor eine gewaltige Aufgabe für uns." Professor Collinge arbeitete mit Dr Tony Clarke der Universität Bristol und der Abteilung MRC Prion, Dr John Waltho, Universität Sheffield University sowie Professor Helen Saibil, Birkbeck College, zusammen.
Länder
Vereinigtes Königreich