Zur Rolle von Neutrophilen bei Entzündungen
Die richtungsabhängige Migration von Immunzellen wie Neutrophilen zum Ort der Infektion oder Verletzung ist zentraler Bestandteil der angeborenen Immunität. In seltenen Fällen wurde jedoch die Rückkehr der Neutrophilen von der Verletzungsstelle zurück ins Gefäß beobachtet (reverse Transmigration). Das EU-finanzierte Projekt "Regulation of expression and function of integrin alpha6beta1 during leukocyte migration" (LEUKOMIGREG) sollte nun die dem Verfahren zugrunde liegenden molekularen Mechanismen untersuchen. Entdeckt wurde, dass Immunzellen bei der reversen Transmigration einer Stimulus-abhängigen phänotypischen Veränderung unterliegen. Transmigrierende Neutrophile exprimieren in hoher Zahl das Adhäsionsmolekül ICAM-1 und reaktive Sauerstoffspezies. Vor allem ist bei einer Entzündung offenbar die transendotheliale Migration von Neutrophilen gestört, was auf eine geringere Expression des Junction-Adhäsionsmoleküls C zurückgeht. Interessanterweise war die reverse Transmigration von Neutrophilen ausgeprägt und könnte die Ausbreitung der Entzündung besonders bei Ischämie-bedingter Reperfusion erklären. Insgesamt lieferte LEUKOMIGREG damit neue Erkenntnisse zur Rolle von Neutrophilenphänotypen bei Entzündungen und Immunabwehr. Die identifizierten Moleküle könnten als Zielstrukturen dienen, um entzündliche Reaktionen bei verschiedenen Krankheiten abklingen zu lassen, die Symptomatik zu lindern und die Heilung zu beschleunigen.