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Technology Enhanced Learning of Musical Instrument Performance

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Leichteres Musizieren durch Kenntnisse aus der Sportmethodik

Sie üben sich in Musik, haben aber niemanden, der Ihnen dabei hilft. Ab jetzt steht Ihnen jederzeit ein persönlicher Trainer zur Verfügung.

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Jeder angehende Popstar weiß, wie schwer es ist, ein Musikinstrument zu lernen. Ein Grund dafür ist, dass die Unterrichtsweisen noch immer auf einer sehr alten Methode basieren. Beim Meister-Lehrling-Modell beobachten und imitieren die Schüler den Lehrer, der dazu Feedback gibt. Anschließend müssen die Schüler für sich üben, was vielen jedoch eine zu einsame Aufgabe ist. Ebenfalls problematisch ist das lange Warten auf das Feedback des Lehrers. Erschwerend kommt hinzu, dass Ratschläge in keinem Bezug zur Körperbewegung und den akustischen Wahrnehmungen bei der musikalischen Darbietung stehen. Das Meister-Lehrling-Modell führt daher zu hohen Abbruchraten. Das von der Europäischen Union (EU) finanzierte TELMI-Projekt hat eine ergänzende Alternative entwickelt, die auf interaktiver Software basiert. Im Wesentlichen erfasst die Software die Bewegungen des Schülers und stellt diese visuell dar. Zugleich wird auch der Klang kontrolliert. Der Schüler bekommt zu beidem sofortiges Feedback. Die Forscher befragten zunächst Musiklehrer und -schüler an verschiedenen renommierten Schulen in Europa, um die genauen Anforderungen zu ermitteln. Die Studie untersuchte außerdem das Verhältnis der Teilnehmer zur Technologie. Das Prototypensystem des Projekts konzentrierte sich auf das Üben auf der Violine. Integration von Erkenntnissen aus der Sportwelt „Das Musizieren weist viele gemeinsame Merkmale mit anderen kompetenzorientierten Aktivitäten auf“, so der außerordentliche Professor und TELMI-Projektkoordinator Rafael Ramirez. „So sind beispielsweise die Gemeinsamkeiten zwischen sportlicher Betätigung und dem Musizieren offensichtlich, insbesondere im Bereich der Biomechanik. Daher ist es eine durchaus plausible Vorstellung, dass bestimmte Methodologien, die bereits erfolgreich in der Sportkinesiologie eingesetzt werden, auch bei der Untersuchung gewisser Aspekte des Musizierens hilfreich sein könnten.“ Die speziell konzipierten TELMI-Sensoren werden am Bogen angebracht und verfolgen die Bogenstellung und -geschwindigkeit an der Violine. Ein handelsübliches Kinect-Sensorsystem erfasst zugleich die Bewegungen des ganzen Körpers. Kinect wurde von Microsoft ursprünglich für die Spielkonsole Xbox 360 entwickelt. Es erfasst Bewegungen über ein 3D-Raster mit Hilfe von Infrarot-/optischen Projektoren und Kameras. Das TELMI-System nutzt außerdem ein Elektromyogramm (Muskelsensor), um die Muskelkraft zu messen und die Erfassung der Körperhaltung zu ergänzen. Zusätzliche Sensoren überwachen die akustischen Merkmale der Musik, die das System für den Schüler grafisch darstellt. Das System vergleicht alle Sensordaten sofort mit der eigens entwickelten Datenbank des Projekts. Diese öffentlich verfügbare Referenzquelle enthält fachkundige Demonstrationen aller Körperhaltungen und Audioinformationen für verschiedene Musikstücke. Der Schüler kann dann anhand des visualisierten Vergleichs – entweder alleine oder mit dem Lehrer – die nötigen Korrekturen vornehmen. Daneben liefert das System auch Feedback zu Stimmgenauigkeit, Timing und musikalischem Ausdruck. Eine ungewöhnliche Verbindung „Wir sind stolz auf das Maß an Interaktion und Zusammenarbeit, das wir zwischen den Technologie- und Bildungspartnern erreichen konnten“, ergänzt Prof. Ramirez. Die an der Studie beteiligten Schüler und Lehrer nahmen das neue System bereitwillig in ihrer gewohnten Unterrichtsumgebung an. Das System ist skalierbar. Die Benutzer können damit in einem dedizierten Motion-Capture-Raum im Konservatorium oder über das Laptop zu Hause interagieren. Die Nutzung des Systems wird bald auch über das Handy möglich sein. Im Anschluss plant das TELMI-Team die Gründung von zwei Spin-off-Unternehmen zur Entwicklung und Vermarktung der Projekttechnologien. Künftige Systeme werden auch auf andere Instrumente spezialisiert sein. Das neue System beseitigt eine der wesentlichsten Schwachstellen des Meister-Lehrling-Modells, ohne den Lehrer dabei aus dem Prozess zu nehmen. Nun können die Schüler aussagefähiges Feedback in Echtzeit erhalten, ohne bis zur nächsten Unterrichtsstunde darauf warten zu müssen. Dies könnte die Lerngeschwindigkeit und -effektivität steigern und damit die Abbruchrate senken.

Schlüsselbegriffe

TELMI, Musik, musikalische Darbietung, musizieren, Unterrichtswesen, biomechanisch, Meister-Lehrling-Modell, Violine, Kinesiologie, Sensorsystem

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