Künstliche Intelligenz zur Vorhersage – und Vermeidung – postoperativer Infektionen
In Europa werden jährlich mehr als 50 Millionen Menschen im Krankenhaus operiert. Schätzungen zufolge kommt es bei fast jedem vierten Patienten spätestens 30 Tage nach der Operation zu einer Infektion, was einem Anteil von 25 % entspricht. Dies bringt nicht nur Schmerz und Leid für den Patienten oder die Patientin mit sich, sondern erhöht auch die Behandlungskosten auf etwa 10 000 EUR pro Patient. Da das Risiko für eine postoperative Infektion trotz Fortschritten bei Biomarkern, Risikobewertungen, Frühwarngeräten und Prävention hoch bleibt, entwickelte das niederländische Medizintechnikunternehmen Healthplus.ai PERISCOPE. „PERISCOPE ist ein neuer Algorithmus für maschinelles Lernen und wertet vorliegende Daten der elektronischen Patientenakte (ePA) aus. Damit können postoperative Infektionen 5 Tage eher als mit durchschnittlicher medizinischer Diagnose prognostiziert werden“, sagt Bart Geerts, Geschäftsführer bei Healthplus.ai. Die Methode erreicht bereits jetzt eine Genauigkeit von 88 %, ultimatives Ziel sind jedoch 95 %. Das Unternehmen ist dank Unterstützung durch EU-Fördermittel nicht nur auf dem besten Weg, sein Ziel zu erreichen, sondern steht auch kurz vor der Markteinführung von PERISCOPE.
Der Konkurrenz immer einen Schritt voraus
Da die technische Machbarkeit von PERISCOPE bereits demonstriert wurde, sucht Healthplus.ai nun nach potenziellen Kanälen für den sicheren, kostengünstigen und breiten Vertrieb. Hierfür wird insbesondere nach Drittanbietern und Partnern mit nachhaltigen Geschäftsmodellen Ausschau gehalten. Für den reibungslosen Markteintritt mussten auch rechtliche und regulatorische Fragen auf EU- und nationaler Ebene geklärt werden. „Über Befragungen etablierten – und festigten – wir wichtige europaweite Kontakte zu Krankenhäusern und großen internationalen ePA-Lieferanten, insbesondere Cerner und ChipSoft“, erklärt Geerts. Die Forschergruppe führte auch detaillierte Interviews mit Interessengruppen durch, etwa Endnutzern, Krankenhausverwaltungen, Versicherungsgesellschaften und ePA-Anbietern. Die Gespräche stärkten nicht nur das Marktpotenzial von PERISCOPE, sondern enthüllten vor allem auch potenzielle Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten. „Über die Marktforschungsanalyse erfuhren wir, welche kommerziellen, technischen und klinischen Hürden bei der Markteinführung unseres Produkts auf uns zukommen“, sagt Geerts. „Auf diese Weise konnten wir Produkt, Fahrplan und Partnerschaften mit Krankenhäusern, ePA-Anbietern und anderen Schlüsselunternehmen neu definieren.“ Durch das Projekt erweiterte Healthplus.ai auch seine Partnerschaften im Bereich FuE sowie Datensätze und klinische Erfahrung. „Dies ist wesentlich, um Konkurrenz und klinischen Standards einen Schritt voraus zu sein, denn dies verschafft uns Wettbewerbsvorteile“, fügt Geerts hinzu.
Eine neue Ära im Gesundheitswesen
Unterstützt durch die EU-Mittel wird PERISCOPE das Konzept der postoperativen Versorgung neu definieren. „Künstliche Intelligenz [KI] wird im medizinischen Sektor noch immer zu wenig genutzt, insbesondere, wenn es um die Auswertung von ePA-Daten geht“, sagt Geerts. „So initiiert das Projekt mit dem Einsatz von KI und der Auswertung von ePA-Daten eine neue Ära im Gesundheitswesen, was zu einer proaktiveren chirurgischen Versorgung beiträgt.“ Das Unternehmen befasst sich derzeit mit der Produktoptimierung und bereitet die Vermarktung vor. Zu diesem Zweck sollen neben Risikokapitalinvestitionen auch Zuschüsse über die zweite Phase des KMU-Instruments und Eurostars eingeworben werden. Schließlich bereitet die Forschergruppe klinische Evidenz, einen Geschäftsplan wie auch die CE-Zertifizierung und FDA-Zulassung als entscheidende Voraussetzungen für die breite Markteinführung von PERISCOPE vor.
Schlüsselbegriffe
PERISCOPE, künstliche Intelligenz, KI, postoperative Infektionen, Medizintechnik, maschinelles Lernen, stationäre Chirurgie, elektronische Patientenakte, ePA, Healthplus.ai, Cerner, ChipSoft, Gesundheitswesen