Innovative Finanzinstrumente können die umfassende Renovierung von lettischen Gebäuden aus der Sowjetzeit beschleunigen
Die Sowjetzeit war aufgrund ihrer Wohnungsbauarchitektur nicht gerade ein Vorzeigebeispiel. Von den 1950er bis in die späten 1980er Jahre wurden in Osteuropa kostengünstige Wohngebäude, die als Chruschtschowka bezeichnet wurden, aus dem Boden gestampft. Und die Zeit hat bei diesen ihre Spuren hinterlassen. In Lettland beispielsweise verschlechtert sich der Zustand der meisten Gebäude trotz Subventionen in einer besorgniserregenden Geschwindigkeit. „Ohne eine erhebliche Beschleunigung der Renovierungsgeschwindigkeit werden die meisten dieser Mehrfamilienhäuser unbewohnbar werden“, sagt Marika Rošā von der Technischen Universität Riga. Als diese Gebäude errichtet wurden, spielte die Energieeffizienz ohnehin keine Rolle. Doch die Dinge haben sich geändert. Sie verbrauchen üblicherweise 50 bis 60 % mehr Energie als nötig, während die EU den Energieverbrauch von Gebäuden vor 2030 um mindestens 32,5 % senken möchte. Also warum nicht beide Sachverhalte gleichzeitig angehen? „Die Renovierung eines bestehenden Gebäudes verursacht weniger als ein Viertel der Kosten für einen Neubau. Damit können mindestens für die nächsten 30 Jahre hohe Energieeffizienzstandards einhergehen und Bewohner können während der Umbauarbeiten in ihrem Zuhause bleiben“, erklärt Rošā. Genau dies schlägt Projekt SUNShINE (Save your bUildiNg by SavINg Energy – towards 202020m2 of deeply renovated multifamily residential buildings) vor, das lettische Interessengruppen zusammenführt.
Ein neues Finanzinstrument
Durch die Schaffung eines völlig neuen Finanzinstruments, das eine langfristige Finanzierung zu erschwinglichen Bedingungen ermöglicht, überwindet das Projekt die wichtigsten Hürden für energieeffiziente Renovierungen. Hierzu zählt die Tatsache, dass solche Renovierungen normalerweise mehr kosten, als Eigentumsparteien zu zahlen bereit sind, dass Einsparungen von Energiekosten die Investition nicht vollständig ausgleichen und dass Renovierungen nicht unbedingt eine Priorität für Familien darstellen. SUNShINE liefert einen standardisierten, langfristigen Energieleistungsvertrag für umfassende Renovierungen. Energiedienstleistungsunternehmen sind in direkten Gesprächen mit Wohnungen besitzenden Personen und wissen genau, wofür sie bezahlen. „Die Transparenz der Kostenstruktur in dem standardisierten Energieleistungsvertrag war ein wichtiger Sachverhalt, den wir herausgearbeitet haben. Der Vertrag bietet auch klare Garantien in Bezug auf die Energieeffizienz, das Innenraumklima und die Leistung sowie neue Instandhaltungsmaßnahmen. Anstatt auf Beschwerden zu reagieren, halten sich Energiedienstleistungsunternehmen jetzt an einen vorher vereinbarten Instandhaltungsplan“, merkt Rošā an. Darüber hinaus ging das Projekt eine wesentliche Hürde an, die Energiedienstleistungsunternehmen daran hindert, sich an Energienachrüstungsvorhaben zu beteiligen: die Verbesserung der Bilanzkapazität von Energiedienstleistungsunternehmen, damit mehr Projekte angenommen werden können. SUNShINE richtete die Fazilität LABEEF (Latvian Building Energy Efficiency Facility) ein, um Forderungen aus Energieleistungsverträgen zu forfaitieren und somit die Verbindlichkeiten in der Bilanz von Energiedienstleistungsunternehmen zu senken. Das Projekt ermöglichte 31 Vorhaben, die in ganz Lettland umgesetzt werden sollen, und Investitionen von insgesamt 25,5 Millionen EUR entsprechen. Neun dieser Vorhaben befinden sich bereits in einer fortgeschrittenen Phase, und die verbleibenden Vorhaben sollen innerhalb der kommenden zwei Jahre abgeschlossen werden. LABEEF hat beispielsweise ein Portfolio von sechs Gebäuden des Projektpartners RenEsco forfaitiert. Laut Rošā sei jeder Energieleistungsvertrag gleichwertig zu einem 20 Jahre laufenden Projekt. „Jedes Jahr muss das Projekt einen Messungs- und Überprüfungsbericht bereitstellen“, merkt sie an. Es wurde außerdem eine Website entwickelt, um Energiedienstleistungsunternehmen und Eigentumsparteien von Mehrfamilienhäusern bei der Gestaltung ihrer Projekte in Übereinstimmung mit einem standardisierten Verfahren zu helfen. Hierdurch werden die Transaktionskosten gesenkt, die Marktentwicklung gefördert und Instrumente sowie Leitlinien für Energiedienstleistungsunternehmen bereitgestellt, die an umfassenden Renovierungen von Wohngebäuden interessiert sind. Abgesehen von diesen Errungenschaften führte SUNShINE zu hohen Standards in Bezug auf die Renovierungsqualität, Arbeitsplätze und stabilen Beschäftigungsmöglichkeiten im Bausektor wie auch zu einer Lösung, die für eine private Finanzierung attraktiv ist. Dies wird zum Erhalt der Bestandsgebäude über die kommenden 30 Jahre beitragen, und zudem die Vorhaben des europäischen Grünen Deals, insbesondere die Renovierungswelle, unterstützen. „Der vor uns liegende Wege ist lang und schwierig“, sagt Rošā. „Doch selbst wenn das so ist, hat unser Team zweifelsohne einen Beitrag geleistet und die Skalierbarkeit unserer Lösung demonstriert.“
Schlüsselbegriffe
SUNShINE, Normen, Lettland, Wohngebäude, Energieeffizienz, Finanzierung, Energieleistung, Energieleistungsvertrag, Forfaitierung, Renovierungswelle, Mehrfamilienhäuser, Grüner Deal, umfassende Renovierung