Damit biologische „Notizzettel“ dort bleiben, wo sie gebraucht werden
Epigenetische Marker(öffnet in neuem Fenster) sind wichtige Regulatoren der Genexpression. Diese chemischen Modifikationen (chemischen Zeichen) auf genetischem Material regulieren die Genexpression ohne Auswirkungen auf das Gen selbst – als ob man auf einen Bericht einen Notizzettel klebt, der Aufschluss darüber gibt, ob bestimmte Gene exprimiert oder nicht exprimiert werden sollen. Epigenetische Marker modulieren die Metamorphose von einer Raupe in einen Schmetterling – Raupe und Schmetterling haben identische Gene, die jedoch je nach Lebensphase anders exprimiert werden. Drei große Molekülfamilien steuern die Ablagerung, Erkennung und Entfernung dieser Marker(öffnet in neuem Fenster). Das TEDCIP-Projekt fand Wege, um problematische „Eraser“ (Moleküle, die Marker entfernen) am Entfernen zu hindern. Mit der Unterstützung durch ein Marie-Skłodowska-Curie-Einzelstipendium(öffnet in neuem Fenster) hat Saleta Vázquez Rodríguez an der Universität Oxford(öffnet in neuem Fenster) die Tür zu neuartigen Therapeutika geöffnet, um potenziell Prostata-, Darm-, Brust-, Eierstock- und Leberkrebs anzuvisieren.
Das Schloss blockieren oder den Schlüssel wegwerfen
Vázquez Rodríguez machte sich daran, die Aktivität einer bestimmten Familie von Erasern zu minimieren – die als Lysindemethylasen(öffnet in neuem Fenster) (KDM) bezeichneten Enzyme und insbesondere den Untertyp KDM5. Die KDM5-Unterfamilie besteht aus KDM5A-D-Mitgliedern. Die Überexprimierung dieser Enzyme, insbesondere von KDM5B, wurde mit Erkrankungen wie unter anderem Prostata-, Darm-, Brust-, Eierstock- und Leberkrebs(öffnet in neuem Fenster) in Verbindung gebracht, ihre exakte Bedeutung und der Mechanismus sind jedoch noch unklar. Um dies anzugehen, versuchte Vázquez Rodríguez die Wirkung der Enzyme durch Inhibitoren, die diese an der Wirkung hindern, und durch Proteolysis Targeting Chimeras(öffnet in neuem Fenster) (PROTACs), die ihren Abbau verursachen, zu mindern. Es gab bereits mehrere KDM-Inhibitoren, die jedoch nicht selektiv waren. Dies ist nicht mehr der Fall, bei Weitem nicht. „Wir haben potente und selektive kovalente KDM5-Inhibitoren entwickelt, welche die KDM5 blockieren, indem sie sich stark an eine einzigartige Bindungsstelle binden, die ausschließlich in der KDM5-Unterfamilie und nicht in den anderen KDMs vorhanden ist“, erklärt Vázquez Rodríguez. Diese kovalenten Stoffverbindungen hemmten ausschließlich die KDM5-Enzyme, nicht die anderen KDMs, die eng verwandt sind, und sie waren sowohl bei in-vitro-Modellen als auch bei Zellen wirksam. Die dazugehörige Publikation(öffnet in neuem Fenster) wurde als „Hot Paper“ anerkannt, was die Relevanz der Entwicklung für die Wissenschaftsgemeinde widerspiegelt. Vázquez Rodríguez widmete sich ebenfalls der herausfordernden Aufgabe, PROTACs für KDM5 zu entwickeln. PROTACs(öffnet in neuem Fenster) sind komplexe Moleküle, die als Rekrutierer („Recruiter“) für das abzubauende Protein und für den Abbauer („Degrader“, eine Familie von Enzymen mit der Bezeichnung E3-Ubiquitin-Ligasen) fungieren. Die Proteinbindungsstelle wird durch einen Linker mit der Proteinabbaustelle verbunden. Die erfolgreiche Entwicklung von PROTACs hob zudem die größere Wichtigkeit der E3-Ligase im Verhältnis zur Länge des Linkers hervor, um Wirksamkeit zu erreichen.
Von der Struktur zur Funktion
Die Entwicklung der kovalenten Inhibitoren und PROTACs, die selektiv KDM5 blockieren oder abbauen können, hat wichtige Auswirkungen auf die Untersuchung der Implikationen von KDM5 für verschiedene Phänotypen. Diese Stoffverbindungen können als selektive Hilfsmittel verwendet werden, um die Wichtigkeit und Relevanz der beiden Strategien für die Krankheitsvorbeugung und -behandlung zu untersuchen und um Therapeutika zu entwickeln. Das Fazit von Vázquez Rodríguez lautet: „TEDCIP demonstrierte, dass wir die biologische Reaktion mit unseren selektiven kovalenten Inhibitoren von KDM5 oder mit unseren PROTACs in verschiedener Weise modulieren könnten. Diese chemischen Sonden werden uns dabei helfen, die allgemeineren biologischen Konsequenzen von KDM5 auf die Gesundheit und andere Pathologien zu beleuchten.“