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Myelinic nanochannels in neurodegenerative diseases

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Entdeckung neuer Funktionen bei Gliazellen im Zusammenhang mit neurodegenerativen Krankheiten

Forschungen zu Multipler Sklerose, Neuropathie und Alzheimer-Krankheit belegen, dass Axone im Gehirn durch spezifische Stoffwechselprozesse geschützt werden. An genetisch veränderten Mäusen, die teilweise erstmals weltweit zum Einsatz kamen, enthüllte das Projekt MyeliNANO die Schlüsselrolle spezialisierter Gliazellen.

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Gehirnzellen von Säugetieren bestehen hauptsächlich aus Neuronen und Gliazellen. Dabei beruht die Kommunikation zwischen den komplex vernetzten Neuronen auf der Signalweiterleitung entlang dünner Nervenstränge, sogenannter Axone. Für die schnellere Übertragung dieser elektrischen Impulse sind Axone von isolierenden Fettschichten, so genannten Myelinscheiden umhüllt. Das vom Europäischen Forschungsrat finanzierte Projekt MyeliNANO untersuchte nun, wie spezialisierte myelinproduzierende Gliazellen Oligodendrozyten zur Informationsverarbeitung im Gehirn beitragen. „Versuche mit den neuen transgenen Mausmodellen legen nahe, dass Oligodendrozyten eine Schlüsselrolle zukommt, und zwar nicht nur, weil sie die Übertragung elektrischer Impulse beschleunigen, sondern vor allem auch metabolische Unterstützung für Axone liefern“, sagt Projektkoordinator Klaus-Armin Nave. „Diese Entdeckung ist für Multiple Sklerose, aber auch für neuronale Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz relevant.“ Das Projekt bereitete mehrere Zeitschriftenpublikationen vor, prüft und/oder rezensiert weitere Beiträge und will die Forschungsergebnisse auf größeren Konferenzen wie dem „Nobel Symposium on Myelin“ in Stockholm vorstellen oder auf einer Konferenz der Europäischen Gesellschaft für Neurochemie, auf der Nave dieses Jahr ein Grundsatzreferat in Sankt Petersburg halten wird.

Hypomorphe Mausmodelle

Die Mausmodelle wurden genetisch so verändert, dass die Oligodendrozyten im Vorderhirn zwar kein Myelin herstellen, aber weiterhin metabolische Unterstützung für Axone leisteten. Erreicht wurde dies über die genetische Veränderung normaler neuronaler oder Gliastammzellen im Vorderhirn mithilfe regulatorischer Elemente im Gen Emx1. Dieses exprimierte dann ein bakterielles Rekombinase-Gen, das ein für die Myelinbildung wichtiges Gen deaktivierte. Da die Myelinisierung von Oligodendrozyten in Rückenmark und Kleinhirn davon nicht betroffen war, wurde bewegungsbezogenes Verhalten (Navigation) beobachtet, um zu klären, ob sich ein Myelinverlust im Vorderhirn auf höhere Gehirnfunktionen wie Lernen und Gedächtnis auswirkt. „Überraschenderweise beeinflusste das Fehlen von Myelin im Vorderhirn das Verhalten der Maus nicht so, wie zu erwarten gewesen wäre. Selbst in spezialisierten Tests zeigten sich keine wesentlichen kognitiven Funktionsstörungen, was darauf hindeutet, dass dem myelinmangelbedingten kognitiven Abbau beim Menschen weniger eine Verlangsamung elektronischer Impulse zugrundeliegt als vielmehr ein gestörter axonaler Stoffwechsel, der die Signalweiterleitung blockiert“, erklärt Nave. Um zu klären, wie Alterungsprozesse im Gehirn – u. a. auch die Myelinalterung – das Krankheitsgeschehen bei Alzheimer-Demenz beeinflussen, wurden Amyloidablagerungen im Gehirn transgener AD-Mausmodelle untersucht. Dazu wurden 5XFAD-Mäuse mit einem Stamm von Mäusen gekreuzt, die Myelinmutationen aufwiesen. Hier kam es zur vorzeitigen Myelinalterung in der weißen Substanz des Gehirns, der ein Mangel spezifischer Myelinproteine zugrunde lag, was wiederum zum Verlust axonaler Integrität führte und neuroinflammatorische Prozesse förderte. Die Vermutung, dass Alzheimer-ähnliche Symptome früher auftreten, bestätigte eine neuartige histopathologische Analyse des gesamten Gehirns mittels Lichtblattmikroskopie. „Amyloidose als typisches Merkmal für Alzheimer-Demenz geht offenbar darauf zurück, dass Oligodendrozyten altersbedingt nicht mehr in der Lage sind, die Integrität der Myelinscheiden und Neuronen zu gewährleisten. Alterndes Myelin scheint Mikrogliazellen auch daran zu hindern, neue gebildete Amyloidablagerungen zu entfernen“, fasst Nave zusammen. Weitere Experimente mit hypomyelinisierten Mäusen stellten die Theorie in Frage, dass Myelinverlust die alleinige Ursache für die axonale Degeneration bei Multipler Sklerose ist. Mausmodelle für Multiple Sklerose zeigten, dass myelinisierte Nervenfasern häufiger von Axonenschädigungen betroffen sind als nicht myelinisierte Nervenfasern. „Ein entscheidender Faktor könnte also sein, dass geschädigte Oligodendrozyten nicht mehr in der Lage sind, myelinisierte Axone zu unterstützen. Ursächlich hierfür ist vermutlich die Zerstörung der Nanokanäle, durch die Oligodendrozyten Axone mit wichtigen Nährstoffen versorgen“, ergänzt Nave. Mittels Elektronenmikroskopie und 3D-Modellierung konnte die Arbeitsgruppe das Kanalsystem bildlich rekonstruieren. „Unsere Arbeit hat bewirkt, dass bisherige Theorien zur Myelinisierung durch Gliazellen und zu myelinassoziierten Erkrankungen überdacht werden müssen. Neue Zellfunktionen, die in Zusammenhang mit menschlichen Krankheiten stehen, sind noch immer seltene Ergebnisse in der Forschung“, schließt Nave.

Schlüsselbegriffe

MyeliNANO, Myelin, Neuron, Gliazellen, Gehirn, Axon, Alzheimer-Demenz, Multiple Sklerose, neurodegenerativ, Oligodendrozyten, Stoffwechsel

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