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Gender, Migration and Illiteracy. Policy and Practice for Social Integration.

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Den Analphabetismus von Frauen im Rahmen der Migration nachvollziehen

Im Rahmen des über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützten Projekts GEMILLI werden die Überschneidungen von Geschlecht, Migration und Analphabetismus in den heutigen europäischen Gesellschaften beleuchtet.

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Frauen sind in der von Analphabetismus betroffenen Weltbevölkerung überrepräsentiert, weil in vielen Teilen der Welt geschlechtsspezifische Normen und soziale Konstruktionen immer noch unterschiedliche Erwartungen und Investitionen in die Bildung von Jungen und Mädchen hervorrufen. Dieser Trend setzt sich außerdem später im Erwachsenenalter fort. Zudem ist bekannt, dass die Migrationserfahrung verschiedene Arten von Analphabetismus auslöst, indem sie den Bildungsweg vieler Menschen unterbricht und ihnen neue Hürden auferlegt, wie etwa die Notwendigkeit, eine neue Sprache oder ein anderes Alphabet zu lernen. In Europa wurden in den vergangenen Jahrzehnten wechselnde Trends bei den Migrationsströmen und der Zusammensetzung der Migrationsbevölkerung nach Geschlecht und Bildung deutlich. Die Präsenz von Frauen in der internationalen Migration ist heute ausgewogener, und ihre Beweggründe für die Migration sind vielfältig und gehen über die von der Familie abhängige Rolle hinaus. Es gibt auch Belege für den verstärkten Zustrom von Migrierenden aus Ländern mit hohen Analphabetismusraten. Im Rahmen des über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierten Projekts GEMILLI wurde ein integrierter Ansatz zur Untersuchung des Analphabetismus bei Migrantinnen verfolgt. Im Projekt wurden die Prozesse der Alphabetisierung von Frauen, die in einem Gastland in einer Sprache lesen und schreiben lernen, die nicht ihre Muttersprache ist, analysiert. GEMILLI bietet neue Erkenntnisse darüber, wie die derzeitige Sozialpolitik dieses Problem angeht sowie über die Rolle des institutionellen Kontextes und der lokalen und gemeinschaftlichen Organisationen. Das Projektteam untersuchte insbesondere die soziale Integration dieser Frauen und die Auswirkungen des Analphabetismus auf das tägliche Leben in unserer schriftbasierten und wissensintensiven Gesellschaft.

Der Erwerb von Lese- und Schreibfähigkeiten: ein mehrere Faktoren umfassender und vielschichtiger Prozess

Interessanterweise bestätigte die Forschungsarbeit, dass trotz der zu erwartenden strukturellen Bedingungen, die das Leben dieser Frauen prägen, wie z. B. soziale und geschlechtsspezifische Ungleichheiten, erhebliche Unterschiede in ihren Lebensläufen, Motivationen und Einschränkungen sowie in der Art und Weise, wie sie mit dem Analphabetismus umgehen, bestehen. „Der Analphabetismus von Frauen ist nicht spezifisch für eine bestimmte Altersgruppe, Familienzusammensetzung oder ein Herkunftsland. Vielmehr können wir unterschiedliche Profile von Migrantinnen im Prozess des Alphabetisierung feststellen“, erklärt Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiatin Margarida Martins Barroso. „Die Lernmotivation ist ebenfalls sehr unterschiedlich und reicht von instrumentellen Zielen wie der behördlichen Legalisierung oder dem Zugang zum Arbeitsmarkt bis hin zu Zielen der Selbstverwirklichung und der (Neu-)Definition der Identität und/oder einer komplexen Kombination unterschiedlicher Ziele.“

Analphabetismus bei Erwachsenen in Europa: mehr als nur ein soziales Problem

Die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Art von Forschung sowie die Komplexität des Themas werden von der wissenschaftlichen Gemeinschaft einhellig anerkannt. „Ich glaube, dass es wichtig ist, den absoluten Analphabetismus bei Erwachsenen als politisches Problem zu betrachten, und dass die Projektergebnisse daher idealerweise auf der politischen Ebene Anwendung finden“, kommentiert Martins Barroso. „Die Ergebnisse von GEMILLI verdeutlichen, dass die europäische Politik in den Bereichen soziales Geschlecht, Integration von Migrierten und Erwachsenenbildung immer noch nicht die spezifischen Bedürfnisse von Analphabetinnen berücksichtigt, wodurch sich ihre öffentliche Unsichtbarkeit und Ausgrenzung noch verstärkt.“ GEMILLI hat eine gründliche Debatte darüber angestoßen, wie genaue, vergleichende und längsschnittliche statistische Indikatoren in den bestehenden offiziellen Datenbanken gesammelt und einbezogen und wie sie genutzt werden können, um einen wirklich intersektionalen Ansatz in der öffentlichen Politik zu verfolgen. Der nächste Schritt besteht darin, die Ergebnisse an die Verantwortlichen der Politik weiterzugeben und die Erarbeitung sozialer Maßnahmen zu unterstützen, die eine echte Inklusion fördern.

Schlüsselbegriffe

GEMILLI, Analphabetismus bei Erwachsenen, Alphabetisierung, Migrantinnen, Geschlechterungleichheit, Analphabetismus bei Migrantinnen

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