Die grünen Triebe der Weidehaltung pflegen
Bei richtiger Bewirtschaftung kann Weidevieh eine Menge Vorteile bieten. Diese Vorteile, die oft zusammenfassend als Ökosystemleistungen bezeichnet werden, umfassen unter anderem ein verbessertes Tierwohl, sauberere Luft und reineres Wasser sowie sogar Brandverhütung. Weidehaltung hat außerdem einen wirtschaftlichen und sozialen Wert: Wie Arno Krause vom Grünlandzentrum(öffnet in neuem Fenster) in Deutschland feststellt, „wirken Weidetiere wie ein Aushängeschild der Agrarökologie. Untersuchungen zeigen, dass bis zu 90 % der Verbraucherinnen und Verbraucher es bevorzugen, wenn sie wissen, dass die Tiere zumindest im Sommer auf der Weide waren. Aber wir können diese ländlich idyllischen Szenerien nicht als selbstverständlich ansehen. Wenn die Weidehaltung weg ist, ist sie weg“. „Es ist viel schwieriger, von Landwirtschaft in Gebäuden zur Weidehaltung zurückzukehren, als umgekehrt“, ergänzt Krause, Koordinator des Projekts Grazing4AgroEcology(öffnet in neuem Fenster). „Wir müssen aktiv in die Weidehaltung investieren.“ Aufgrund des Trends zu größeren Herden, die mehr Weideland und Arbeitskräfte benötigen, ist die Weidehaltung in einigen europäischen Ländern wie Deutschland und den Niederlanden rückläufig(öffnet in neuem Fenster). Mit dem Projekt Grazing4AgroEcology wird das Ziel verfolgt, den europäischen Landwirtschaftsbetrieben im Bereich der Wiederkäuerhaltung das nötige Wissen über die Weidehaltung zu vermitteln. Weidehaltung hängt stark von den örtlichen Gegebenheiten ab, denn Topografie, Bodenchemie, Wasserverfügbarkeit und Wetterbedingungen fallen unterschiedlich aus. „Eine optimierte Beweidung ist standortabhängig“, erklärt Krause. „Zum Beispiel ist es überaus wichtig zu wissen, wo sich Parasitenherde befinden, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Mit Weidehaltung arbeitende Landwirtinnen und Landwirte müssen wie in einer Küche arbeiten – immer weiter experimentieren, bis sie die richtigen Zutaten gefunden haben. Wir wollen ihnen Kochbücher schenken.“
Wissensaustausch als Schlüssel zum Erfolg
Die Arbeit von Grazing4AgroEcology orientierte sich an fünf agrarökologischen Prinzipien: der Anwendung von die Gesundheit der Tiere verbessernden Managementpraktiken, der Reduzierung von Produktionsmitteln und Umweltbelastung, der Förderung der Artenvielfalt zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Tiere und der Erhaltung der biologischen Vielfalt. Das Projektteam arbeitete mit 120 konventionellen und ökologischen Partnerbetrieben(öffnet in neuem Fenster) sowie 18 Partnerorganisationen in acht Mitgliedstaaten(öffnet in neuem Fenster) zusammen: Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden, Portugal, Rumänien und Schweden. Um die wirkungsvollsten Innovationen zu entdecken, einzubetten und weiterzugeben, wurden zwei Onlineplattformen entwickelt, die mehrere Ebenen der Vernetzung und des Wissensaustauschs ermöglichen. Die erste(öffnet in neuem Fenster) konzentrierte sich auf den Peer-to-Peer-Austausch von Erfahrungen und bestmöglichen Verfahren im Zusammenhang mit spezifischen Innovationen wie etwa dem Einsatz von Solarpaneelen als Schattenspender für Weidetiere. Es wurde eine durchsuchbare Datenbank erstellt, in der landwirtschaftliche Profile und Ressourcen wie Videos bereitgestellt werden, damit Landwirtinnen und Landwirte für ihre jeweiligen Gegebenheiten relevante Inspirationen finden. Dank regelmäßiger Netzwerkaktivitäten konnten sich die Landwirtinnen und Landwirte auch persönlich und online treffen. Auf der zweiten Ebene standen Systeme für Wissen und Innovation in der Landwirtschaft(öffnet in neuem Fenster) (AKIS) im Mittelpunkt, die individuelle, organisatorische und institutionelle Interessengruppen entlang der Wertschöpfungskette zusammenbringen, um Kapazitäten im Bereich agrarökologischer Praktiken, beispielsweise in der Wasserbewirtschaftung, aufzubauen.
Evidenzbasierte Agrarökologiepolitik
Effektivere agrarökologische Praktiken würden zu einer Reihe von EU-Ambitionen beitragen, wie sie beispielsweise im Rahmen des europäischen Grünen Deals(öffnet in neuem Fenster), der Biodiversitätsstrategie(öffnet in neuem Fenster), des Aktionsplans zur Förderung der ökologischen/biologischen Produktion(öffnet in neuem Fenster) sowie der Vision für Landwirtschaft und Ernährung(öffnet in neuem Fenster) verfolgt werden. Der Erfolg des Ansatzes von Grazing4AgroEcology wird aber letztlich von einer gesteigerten Qualität und Quantität der Weidehaltung abhängen. Um dies zu messen, entwickelte das Team ein „integriertes Selbstbewertungsinstrument“(öffnet in neuem Fenster), das anhand der fünf Säulen der Agrarökologie (reduzierte Betriebsmittel, gesteigerte Diversität, reduzierte Umweltbelastung, biologische Vielfalt und Tierschutz) eine Punktzahl generiert und den landwirtschaftlichen Betrieben bei der Überwachung ihrer Fortschritte hilft. Gegenwärtig werden Erfolgsindikatoren zusammengetragen, die als Grundlage politischer Empfehlungen dienen sollen, die derzeit erarbeitet werden. Um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten, werden die projekteigenen Plattformen von französischen Partnern betreut, die mit der Initiative EU-FarmBook(öffnet in neuem Fenster) in Verbindung stehen. Zwischenzeitlich fördert Krause durch Aktivitäten wie Studienreisen die Weiterentwicklung des Netzwerks. „Die größte Hoffnung für die Zukunft der Weidehaltung ist unser Netzwerk: Forschende und Praxisleute, Männer und Frauen, Alte und Junge, die sich alle für die gleichen agrarökologischen Ziele einsetzen“, bekräftigt Krause abschließend.