Myelin im gesunden und kranken Zustand
Myelin führt eine wertvolle Funktion im Nervensystem aus, indem es die Übertragung elektrochemischer Signale an den Axonen der Nervenzellen isoliert, von wo aus die Informationen an Muskeln, Drüsen und andere Neurone weitergegeben werden. Die für die Myelinproduktion verantwortlichen Zellen sind die Schwann-Zellen und die Gliazellen, die auf molekularer Ebene mit den Nervenzellen interagieren. Ein Verständnis der diesem Zellzusammenspiel zugrundeliegenden Mechanismen könnte sich als entscheidend in der Behandlung von Myelinerkrankungen erweisen. Das EU-finanzierte Projekt "Neuron-glia interactions in nerve development and disease" (NGIDD) untersuchte das Zusammenspiel von Axonen und Gliazellen, die Steuerung der Myelinproduktion und die Pathologie, die mit ihrem Mangel in Zusammenhang steht. Das Ziel war letztlich die Bestimmung neuer Arzneimittel-Targets, die die regenerative Leistung des Nervensystems stimulieren. Wissenschaftler deckten die Bedeutung des Lgi4-Proteins aus der Schwann-Zelle und dessen Axonrezeptors Adam22 neben verschiedenen Integrinen, fokalen Adhäsionskinasen und N-WASP bei der kontinuierlichen Myelinbildung auf. Zusammengenommen weisen diese Erkenntnisse darauf hin, dass Aktinfilamente, die die Zellform bestimmen, von zentraler Bedeutung für das Axon-Gliazellen-Zusammenspiel sind. Weitere RNA-Interferenz-Untersuchungen in der Drosophila-melanogaster-Fruchtfliege sollten den Großteil der benötigten Gene für die Glia-Differenzierung aufdecken. Angesichts der evolutionär beibehaltenen funktionellen Organisation der Axon-Glia-Einheit, versuchen Partner ihre Erkenntnisse auf den Menschen zu übertragen. Um die verschiedenen Behandlungsmethoden zu untersuchen, entwickelten NGIDD-Partner Mausmodelle für Neuropathien (zum Beispiel die mTOR-Signalisierung oder c-Jun-Knockout) und bestimmten Rapamycin als begünstigenden Modulator von Myelinanomalien. In Kombination mit einer zellbasierten Prüfung für Arzneimitteltests planten Wissenschaftler ein Hochdurchsatzsystem zur Bestimmung von therapeutischen Verbindungen sowie für ihre Verwendung in der Myelinregeneration. Das NGIDD-Konsortium untersuchte auch die normale Nervenbildung, um die gewonnenen Erkenntnisse auf vererbte Neuropathien übertragen zu können. Der Großteil der Mechanismen, die eine Rolle in der Bildung funktionaler, markhaltiger Fasern spielen, werden im Rahmen der Reparatur wiederholt und könnten somit für therapeutische Zwecke genutzt werden.