Proteintranslation liefert Hinweise für Kampf gegen Krankheiten
Genexpression ist ein komplexer Prozess mit vielen Regulationsschritten. RNA-bindende Proteine (RBP) spielen eine Schlüsselrolle beim Ablesen und der anschließenden Translation von mRNA-Molekülen, denn sie bilden Ribonukleoproteinkomplexe (RNP) und koordinieren alle Regulationsstadien, die die RNA durchläuft.
Innovative Methodologie zur Untersuchung von RNA
Um den Prozess der Translation genauer betrachten zu können, untersuchten das Wissenschaftlerteam des EU-finanzierten Projekts TRANSLATE einerseits in den Zellen ablaufende Interaktionen zwischen Proteinen und RNA sowie andererseits zwischen RNA und RNA. Verbindungen zwischen Proteinen und RNA sollten hochaufgelöst identifiziert werden. Dazu entwickelte die Forschergruppe Techniken, die auf Biochemie und Bioinformatik zurückgreifen und auf einer Methodologie basieren, die innerhalb des vorhergehenden ERC-finanzierten Projekts CLIP entstanden war. „Wir wollten verstehen wie die Zellen auf bestimmte Signaltypen mit Regulierung von Translation und damit Genexpression reagieren“, erklärt Projektkoordinator Dr. Jernej Ule. Die daraus hervorgegangenen Methoden basieren auf der iCLIP-Methode, bei der unter UV-Licht durch Quervernetzung und Immunpräzipitation kurze RNA-Fragmente, die an ein bestimmtes Protein gebunden sind, gereinigt und anschließend durch Sequenzierung identifiziert werden. Die Forschergruppe hat die neue hybride iCLIP-Methode (hiCLIP) entwickelt, um zu untersuchen, wie die sekundäre Struktur der RNA die Zusammensetzung und Funktion der RNP bestimmt. So konnten doppelsträngige „Langstreckenpolynukleotide“ entdeckt werden, die innerhalb eines mRNA-Moleküls überraschend weit auseinander liegende Bereiche verbinden. Laut Ule ergab sich so „eine unvorhergesehene Perspektive auf die komplexen strukturellen Konformationen menschlicher mRNA, die zu einem mit Origami vergleichbaren Prozess der RNA-Verdichtung führen könnten.“ Diese RNA-Duplexe werden von Staufen 1- und Staufen 2-Proteinen gebunden, die die doppelsträngige RNA hauptsächlich im untranslatierten 3’-Bereich (3’UTR) der mRNA erkennen, wo sie an der Steuerung der Stabilität, Translation und Lokalisation der RNA in den Zellen beteiligt sein können.
Interaktionen von RNA mit RNA und ihre Wirkung
Das Forscherteam untersuchte, wie Zellen als Reaktion auf zelluläre Signale RNA-Duplexe und Interaktionen zwischen RNA und RNA modifizieren, um die Translation von mRNA in neue Proteine zu steuern. Daraus ergaben sich Erkenntnisse über die zugrundeliegenden Mechanismen hinter der translationalen Steuerung und deren Bedeutung für die schnelle Umstellung der Genexpression als Reaktion auf Stress. Die Methoden iCLIP und hiCLIP sind der Ausgangspunkt für zukünftige Entdeckungen vieler weiterer Interaktionen zwischen Protein und RNA bzw. RNA und RNA, die in der Biologie wichtige Rollen übernehmen. Geplant sind noch Untersuchungen zur Rolle der Struktur von mRNA und der gebundenen RNP bei Entwicklung und Krankheiten. „Im nächsten Schritt untersuchen wir die Dynamik der Protein-RNA-Komplexe bei ihrer Entwicklung und wie Mutationen von RNA-bindenden Proteinen die Ansammlung und Funktion dieser Komplexe stören“, blickt Dr. Ule voraus. Dies wird das Thema für die Forschung im Rahmen der vom Europäischen Forschungsrat bereitgestellten Finanzhilfe für etablierte Forscher RNPdynamics sein. Da viele Erkrankungen des Menschen mit Störungen in der mRNA-Translation zusammenhängen, spielen die in TRANSLATE aufgedeckten Mechanismen wohl in diese Krankheiten mit hinein. Außerdem treten in RBP oft Krebs verursachende Mutationen oder neurodegenerative Erkrankungen wie amyotrophe Lateralsklerose (ALS) auf, was die Bedeutung der Ergebnisse aus TRANSLATE nur noch unterstreicht.
Schlüsselbegriffe
TRANSLATE, Protein, Translation, mRNA, RNA-bindende Proteine (RBP), Sequenz, iCLIP, hiCLIP, Ribonukleoproteinkomplexe (RNPs), amyotrophe Lateralsklerose, Krebs