Nudging- und Coaching-Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit
Aktuelle Maßnahmen für die Sicherheit im Straßenverkehr sind darauf ausgerichtet, die Auswirkungen von Unfällen zu verringern oder Personen am Steuer bei der Vermeidung gefährlicher Situationen zu unterstützen, indem ein sichereres Verhalten gefördert wird. Viele dieser Maßnahmen appellieren an die bewusste Entscheidungsfindung. Allerdings wird das Navigieren durch den Verkehr oft zur Gewohnheitssache. Einen alternativen Ansatz zu den bisherigen Maßnahmen verfolgt das EU-finanzierte Projekt MeBeSafe(öffnet in neuem Fenster), welches auf das gewohnheitsmäßige Verkehrsverhalten Einfluss nehmen will. Stefan Ladwig, Projektkoordinator vom Institut für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen, erklärt: „Um gefährliche Situationen und ‚Beinahe-Zusammenstöße‘ zu minimieren, haben wir Lösungen entwickelt und getestet, die Auto- und Radfahrende in gängigen Verkehrssituationen mit erhöhtem Risiko zu einem sichereren Verhalten anstoßen(öffnet in neuem Fenster) und neue Möglichkeiten des Coachings geprüft.“
Acht umfassend bewertete Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit
Bei der Maßnahme „nudge to direct driver attention“(öffnet in neuem Fenster) von MeBeSafe, die vom Projektpartner TNO geleitet wird, soll die Aufmerksamkeit der Fahrenden auf sie zukommende potenzielle Gefahren gelenkt werden. „Wenn sich ein Auto einer Kreuzung nähert, die z. B. Fahrräder überqueren wollen, zeigt ein Symbol im Head-up-Display in Form der Kreuzung mittels einer Einkerbung an, aus welcher Richtung sich die Person auf dem Fahrrad wahrscheinlich darauf zu bewegt. Die Farbe des Symbols wechselt je nach Brisanz der Situation von grün über orange bis rot“, betont Ladwig. Die im Rahmen des Projekts entwickelte Maßnahme „infrastructure driver nudge“(öffnet in neuem Fenster) drosselt die Geschwindigkeit von Autofahrerinnen und -fahrern an Unfallschwerpunkten. Fahrenden, die als zu schnell erkannt werden, präsentieren sich Lichtmuster am Straßenrand. Anna-Lena Köhler vom Institut für Kraftfahrzeuge erläutert: „In einem Feldversuch im Rahmen des Projekts verringerte diese Maßnahme die Zahl der Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit um 40 %.“ Außerdem entwickelte ein Team unter der Leitung von Chalmers/SAFER den „cyclist nudge“(öffnet in neuem Fenster). Dieser hilft Personen auf Fahrrädern, ihre Geschwindigkeit zu zügeln. „Flache Streifen, die quer über die Straße verlaufen, bewegen sich bei der Annäherung der Person auf dem Fahrrad auf sie zu und vermitteln ihr so den Eindruck, dass sie schneller fährt, was sie zum langsameren Fahren veranlasst“, merkt Ladwig an. Ermüdete Autofahrende zu einer Pause zu ermuntern, ist das A und O. Basierend auf einem bestehenden Algorithmus, der zuerst von Volvo Cars entwickelt wurde, belohnt die Maßnahme „driver alertness nudge“(öffnet in neuem Fenster) Fahrende, wenn sie bei Schläfrigkeit eine Fahrpause einlegen. „Der Feldtest zeigte, dass 87 % der Fahrenden innerhalb von 20 Minuten anhielten“, berichtet Ladwig. Sicherheitssysteme wie der adaptive Tempomat können verhindern, dass zu dicht auf andere Autos aufgefahren wird. Ein Team unter der Leitung von Volvo Cars entwickelte zwei Entwürfe. Diese sollen die Fahrenden dazu veranlassen, den adaptiven Tempomaten häufiger zu nutzen. Das Projekt entwickelte auch eine digitale Coaching-App, die Fahrende über den adaptiven Tempomaten und seine Funktionen informiert. Eine weitere Coaching-Maßnahme ist die DriveMate-App(öffnet in neuem Fenster) von MeBeSafe, die von einem Team unter der Leitung von Shell entwickelt wurde. Sie sammelt Daten z. B. in Bezug auf die Beschleunigung und liefert Feedback sowie Coaching-Material. Anschließend empfiehlt sie, sich mit einer Kollegin oder einem Kollegen für ein Coaching zu den vorgeschlagenen Themen zu treffen.
Auf dem Weg zu null Verkehrstoten
Ladwig fasst zusammen: „Im Jahr 2030 werden durch die MeBeSafe-Maßnahmen höchstwahrscheinlich 366 Leben gerettet und 40 000 Verletzungen vermieden. Auf gesellschaftlicher Ebene könnte dies bis 2030 zu einer Einsparung von bis zu 24,9 Millionen Euro führen.“ Das Projekt wird die Maßnahmen weiterhin veröffentlichen. Seine Partner suchen nach Möglichkeiten, den Entwicklungsprozess fortzusetzen, um einen höhere Technologie-Reifegrad für die entwickelten Maßnahmen zu erreichen. Dazu gehören zusätzliche Testaktivitäten und die Weiterentwicklung der Technologie, die Einführung von Infrastrukturmaßnahmen an weiteren Standorten sowie die Arbeit an weiteren Anwendungsbereichen für alle Maßnahmen.