Blockierung des Signalwegs zur Aminbildung in Nahrungsmitteln
Nahrungsmittel, die durch Milchsäurebakterien fermentiert wurden, sind besonders anfällig für schnelles Verderben durch unerwünschte Amine. Das sind Produkte, die durch Decarboxylierung der korrespondierenden Aminosäure entstehen. Die Vorstufe von Tyramin, das Kopfschmerzen und erhöhten Blutdruck auslösen kann, ist Tyrosin. Tyrosin ist einer der Aminosäurebausteine des Milchproteins Casein. Für Projektpartner der Universität Groningen in den Niederlanden war der Schlüssel zur Vermeidung der Produktion von Tyramin die Blockierung der entsprechenden biochemischen Signalwege. Man konzentrierte sich auf ein Transportermolekül, das nicht nur für die Aufnahme der Vorstufe Tyrosin, sondern auch für die Ausscheidung von Tyramin in der Zelle zuständig ist. Die Vorgehensweise bestand nun in der Verwendung eines Stoffes, der mit diesem Tyramintauscher, dem sogenannten TyrP, kompetitiert. Insgesamt wurden 19 strukturell mit Tyrosin verwandte Stoffe untersucht, die potenziell mit der TyrP-Transporteraktivität kompetitieren. Die verschiedenen molekularen Analoga variierten an verschiedenen Schlüsselstellen des Aminomoleküls. Die Untersuchungen zeigten, dass es zwischen Transporter und Aminosäuremolekül zwei wichtige Interaktionsstellen gibt. Dies ist zum einen die Aminogruppe, Merkmal aller Aminosäuren, und zum anderen ein Phenylring mit einer Hydroxylgruppe (OH). Modifikationen durch den molekularen Kompetitor an einer der beiden Stellen bewirkten eine zehnfach reduzierte Austauschaktivität. Ein gut geeignetes Kandidatenmolekül sollte möglichst stark an den Transporter binden, um so die Translokation zu hemmen. Für die Wissenschaftler war L-Phenylalanin der beste Kandidat. Er reduzierte die Translokationsaktivität von TyrP auf unter 10% des Normalwertes und hemmte die Counterflow-Aktivität um mehr als 95%. Außerdem ist L-Phenylalanin eine häufig vorkommende Aminosäure in Nahrungsmitteln, besonders in Milch. Durch Anreicherung von Milch mit L-Phenylalanin während der Fermentation könnte der Akkumulation von Tyramin entgegengewirkt werden. Die praktische Umsetzung dieser Forschungsergebnisse in die industrielle Produktion könnte die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Milchindustrie verbessern. Auch der Verbraucher kann durch gesündere und sicherere Nahrungsmittel profitieren.