Schutz vor Prionen
Die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE bzw. Rinderwahnsinn) führte vor mehr als 20 Jahren zu großen Verlusten im europäischen Viehbestand und Lebensmittelskandalen in ganz Europa. Der BSE-Erreger überwand sogar die Artengrenze, sodass etwa 200 Menschen an vCJD starben. Nun sind intensive Forschungen nötig, damit sich derartige Prionenkrankheiten nicht wiederholen oder geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Das Projekt PRIORITY (Protecting the food chain from prions: Shaping European priorities through basic and applied research) konzentrierte sich auf vier Bereiche: Struktur bzw. Funktion, Detektion, Übertragung und Epidemiologie. Aus Untersuchungen zur Struktur und Übertragungsform konnte ein niedrig aufgelöstes Modell der spongiformen Enzephalopathie bei Ziegen und Schafen (Scrapie, PrPSc) erstellt werden, das die wichtigsten Eigenschaften rekombinanter Prionen enthüllt. Dabei wurden zwei Schlüsselstellen bei der Umwandlung zellulärer Prionen (PrPc) in infektiöse PrPSc identifiziert. Auf biochemischer Ebene wurden toxische Aspekte des flexiblen Schwanzes von PrPC sowie die wichtigsten Signalkaskaden analysiert. Weiterhin wurden Nachweisverfahren entwickelt, u.a. ein Fluoreszenztest zur Identifizierung bestimmter Stämme in Form eines hochdurchsatzfähigen FRET-Tests (Förster-Resonanzenergietransfer) für den Nachweis von Prionen. Auch wurde eine Amplifizierungstechnik für fehlgefaltete Proteine entwickelt und Prionen in Milch, Blut und Abfall identifiziert. Den Ergebnissen zufolge hält sich die Prioneninfektiosität sehr hartnäckig in Abwässern. Um die weitere Ausbreitung zu verhindern, wurden bessere Dekontaminationsverfahren für chirurgische Instrumente und ein verbessertes System zur Abfalldekontamination mit Mikrowellentechnologie entwickelt. Die Forscher fanden heraus, dass sich die Prionen vom Ort der Infektion ins Gehirn ausbreiten, indem sie sich zunächst auf follikulären dendritischen Zellen akkumulieren. Dann wurde auch die Ausbreitung vom Darm ins zentrale Nervensystem enthüllt. Die altersbedingte Schwächung der Immunfunktion ist ein wichtiger Faktor, der ältere Menschen anfälliger für die Erkrankung macht. Zudem wurden auch Faktoren aus Blut und Milch mit Prionen-ähnlicher Infektiosität identifiziert. Insgesamt lautet die Schlussfolgerung, dass atypische Scrapie auf den Menschen übertragbar ist und dass sich die Eigenschaften der Stämme mit der Überschreitung der Artengrenze verändern können. PRIORITY bestätigte, dass vor allem das Verbot von Fleisch- und Knochenmehl in Tierfutter eine weitere Ausbreitung von BSE verhindert hatte, was auch in Zukunft aufrechterhalten werden sollte. Die Prionenforschung wird künftig weitere Faktoren aufzeigen, die für die Vermehrung von Prionen und die Überschreitung der Artengrenze verantwortlich sind und Maßnahmen vorschlagen, um diesen Prozess zu unterbrechen.