Echtzeit-Multispektroskopie für wegweisende neue Prozesssteuerung bei der Pharmaproduktion
Die Großserienproduktion von Pharmazeutika ist seit mehr als 50 Jahren die Norm. Allerdings sind für die langwierigen sequenziellen und mehrstufigen Prozesse normalerweise Offline-Tests erforderlich, einhergehend mit erheblichen Ausfallzeiten. Eine kontinuierliche Produktion, die in der chemischen und petrochemischen Industrie bereits üblich ist, wird mit technologischen Fortschritten und regulatorischer Unterstützung nun auch im Pharmasektor greifbar. Für die kontinuierliche Fertigung entwickelte das EU-finanzierte Projekt IMPAX ein neues Inline-Multispektroskopiegerät, das die Prozessentwicklung vereinfacht und beschleunigt, die Qualitätskontrolle verbessert, Abfall reduziert und die Effizienz erhöht.
Unterstützung für eine bahnbrechende Neuerung
Unter Prozessanalysetechnologien, PAT werden verschiedenste Methoden zur Prozesssteuerung, Datenerfassung und -analyse sowie Wissensmanagement zusammengefasst. Diese Werkzeuge werden für die Qualitätskontrolle in der Pharmaindustrie 4.0 an Bedeutung gewinnen und den Übergang zu intelligenten, autonomen Systemen beschleunigen, um mit Daten und maschinellem Lernen die sogenannte vierte industrielle Revolution voranzutreiben. Mit PAT für die Pharmaindustrie 4.0 könnte eine Produktionssteigerung um 30 ‑ 40 %, Kostensenkung bei der Qualitätskontrolle um mehr als 50 % und Reduzierung von Herstellungsabweichungen um 65 % erreicht werden. Führend bei PAT-Technologien ist das deutsche KMU ColVisTec AG, Berlin.
Drei „Augen“ sehen besser als eins
Seit zehn Jahren liefert ColVisTec Inline-Prozessüberwachungstechnologien für weltweit führende Hersteller im Farben-, Kunststoff-, Pharmazeutik- und Chemiesektor. Mit IMPAX konzipierte das Unternehmen erstmals eine Produktionsüberwachungsplattform für gleichzeitig drei Arten von Spektroskopieverfahren. Neben der bereits bestehenden firmeneigenen Plattform für UV/VIS-Spektroskopie (UV-Vis) kommen nun noch Nahinfrarot- (NIRS) und Raman-Spektroskopie hinzu. Projektkoordinator Jan Johnsen, CEO der ColVisTec AG, Berlin, erklärt: „Die drei Techniken ergänzen sich gegenseitig. UV/VIS ist hochempfindlich und quantitativ, aber nicht immer spezifisch genug und kann zum Beispiel nicht zwischen Materialien derselben Farbe unterscheiden. Die Raman-Spektroskopie ist hochspezifisch, erlaubt aber mitunter keine quantitativen Messungen. NIRS schließt diese Lücke und quantifiziert ratiometrische Veränderungen (bei relativen Materialmengen) und Wassergehalt, was mit UV/VIS schwieriger ist.“ Eine Kombination der drei Faktoren liefert ein viel umfassenderes Bild über einen Prozess zu einem spezifischen Zeitpunkt.
Vorteile für die Industrie sind Vorteile für den Patienten
Das Multispektroskopiegerät GiANT von IMPAX, bietet Pharmaunternehmen wie auch Patienten zahlreiche Vorteile und unterstützt Echtzeit-Freigabetests. Da Prozessdaten kontinuierlich erfasst und analysiert werden, können Abweichungen erkannt und im Idealfall automatisch und schnell behoben werden. Johnsen fasst zusammen: „Unser innovatives Multispektroskopiesystem wird die Effizienz und Qualität von Arzneimitteln verbessern, um künftig Herstellungskosten und Abfall zu reduzieren. Wenn unser System dann auch in früheren Phasen der Produkt- und Prozessentwicklung eingesetzt wird, könnte dies die Wirkstoffforschung beschleunigen, um neue Medikamente schneller auf den Markt zu bringen.“
Kontinuierliche Belieferung des Markts
Ein weiteres, ursprünglich nicht geplantes Forschungsergebnis ist eine neue optische Sonde für die gleichzeitige NIR- und UV/VIS-Spektroskopie mit nur einem Sondenkopf, die bereits lieferbar ist. Für GiANT erstellte ColVisTec einen Markteinführungsplan, der 2020 auf Konferenzen und Veranstaltungen zu Pharmaproduktion und Extrusion vorgestellt werden soll. ColVisTec arbeitet bereits mit mehreren Pharmapartnern zusammen und sucht aktiv nach Kooperationspartnern. Damit wird GiANT wesentlich dazu beitragen, die weltweit enormen Herausforderungen zu lösen.
Schlüsselbegriffe
IMPAX, Spektroskopie, Pharma, Qualitätskontrolle, Pharmabranche, Nahinfrarot (NIR), UV-sichtbar (UV/VIS), Raman, Prozessanalysetechnologie (PAT), Arzneimittel, Prozessüberwachung, kontinuierliche Herstellung, Industrie 4.0, Inline, Sonde