Förderung der naturbasierten städtischen Wasseraufbereitung
Die zunehmende Verstädterung bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Dazu zählen Wasserknappheit und Wasserunsicherheit, Gesundheitsprobleme und der Verlust von Ökosystemleistungen wie sauberem Wasser. „Über 70 % der Bevölkerung Europas leben derzeit in Städten. Diese Zahl wird bis 2050 voraussichtlich auf über 80 % ansteigen“, bemerkt Jaime Nivala, Koordinator des Projekts MULTISOURCE(öffnet in neuem Fenster) vom Nationalen Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt(öffnet in neuem Fenster) (INRAE) in Frankreich. „Die Sammlung, Aufbereitung und sichere Wiederverwendung von Schmutzwasser ist für eine nachhaltige Wasserressourcen-Bewirtschaftung von entscheidender Bedeutung.“ Es besteht ein wachsendes Interesse an verbesserten natürlichen Lösungen zur Aufbereitung, um diese Herausforderung zu bewältigen. Zu den naturbasierten Lösungen zählen: ein breites Spektrum von Technologien zur Behandlung von Feuchtgebieten sowie Gründächer, Grünwände und Regengärten, die Verunreinigungen wie Nährstoffe, Mikroschadstoffe, Schwermetalle und Krankheitserreger aus Schmutzwasser entfernen.
Quelloffene Werkzeuge für die städtische Wasserplanung
Die Planung, Umsetzung und Finanzierung solcher Systeme – im erforderlichen Umfang – sind jedoch nach wie vor problematisch. Das EU-finanzierte Projekt MULTISOURCE wollte dieses Problem durch die Entwicklung modularer quelloffener Werkzeuge lösen, die in ein geografisches Informationssystem (GIS) für die städtische Wasserplanung integriert werden können. Diese Werkzeuge wurden konzipiert, um optimierte naturbasierte Lösungen für die Wasseraufbereitung sowie verbesserte natürliche Aufbereitungssysteme zu finden und auszuwählen. Ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte wurden dabei berücksichtigt. Die Planungswerkzeuge wurden von den Projektpartnern unter Beteiligung eines interdisziplinären internationalen Beratungsgremiums gemeinsam entwickelt. Darüber hinaus wurden innovative Finanzierungskonzepte und gemeinschaftsbasierte Bewirtschaftungsstrategien entwickelt, zusammen mit politikorientierten Empfehlungen für die sichere Wiederverwendung von Wasser, das durch städtische naturbasierte Systeme aufbereitet wurde. Anschließend wurden in sieben Ländern (Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Norwegen, Spanien, USA) optimierte naturbasierte Aufbereitungssysteme zur Behandlung und/oder Speicherung verschiedener städtischer Wasserströme demonstriert. Dazu zählten Rohabwasser, vorbehandeltes Abwasser, Grauwasser, Mischwasserüberlauf, Straßenabwasser und Regenwasser.
Gezielte natürliche Aufbereitungssysteme
Dem Projektteam gelang die Entwicklung einer Reihe modularer Planungswerkzeuge, die den Interessengruppen die Entscheidung erleichtern sollen, wie und wo auf städtischer und regionaler Ebene in verbesserte natürliche Aufbereitungssysteme investiert werden soll. Diese Werkzeuge helfen den Benutzern, Aspekten wie standortspezifische Kanalnetze und Topografie sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz Rechnung zu tragen. Sie wurden über eine spezielle Plattform(öffnet in neuem Fenster) bereitgestellt. „Darüber hinaus entwickelten wir ein auf naturbasierte Systeme ausgerichtetes Entscheidungsunterstützungs-Werkzeug(öffnet in neuem Fenster) (Nat4Wat) mit einer visuellen Benutzeroberfläche“, erläutert Nivala. „Damit können Benutzer geeignete Technologien sowie benutzerspezifische Präferenzen und Prioritäten auswählen und eine Schätzung der Systemgröße erhalten.“ Diese neuen Werkzeuge wurden in verschiedenen städtischen Umgebungen erfolgreich erprobt und demonstriert. So wurde in Lyon ein belüftetes hybrides Feuchtgebiet-Aufbereitungssystem zur Behandlung von häuslichem Rohabwasser aus einem Mischwasserkanalnetz (Abwasser gemischt mit Regenwasser) konzipiert. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass die entwickelten Werkzeuge mittels eines modularen Ansatzes entsprechend den lokalen Sachzwängen und Bedürfnissen eingesetzt werden können.
Beschleunigte Einführung naturbasierter Lösungen
Für die Zukunft plant das Projektteam die Veröffentlichung eines frei zugänglichen Lehrbuchs zum aktuellen Wissensstand im Zusammenhang mit Prozessen zur Aufbereitung von unterirdischen Abflüssen in Feuchtgebieten und setzt die Verbreitung seiner Ergebnisse fort. Darüber hinaus wurden neue und innovative Geschäftsmodelle für den Bau, den Betrieb und die langfristige Verwaltung sowie Umweltrisikobewertungen für eine breite Auswahl optimierter natürlicher Aufbereitungssysteme entwickelt. „Wir hoffen, dass MULTISOURCE Einzelpersonen, Gemeinschaften, Fachleuten und politischen Entscheidungsträgern in aller Welt die beschleunigte Einführung naturbasierter Lösungen für die Wasseraufbereitung(öffnet in neuem Fenster) erleichtern wird“, sagt Nivala.