Neuer Bluttest zur Früherkennung von amyotropher Lateralsklerose
Die teilweise EU-finanzierten Forschungsprojekte BRAINTEASER(öffnet in neuem Fenster) und HEREDITARY(öffnet in neuem Fenster) haben zur Identifizierung von Eiweißen im Blut geführt, mit denen sich eine amyotrophe Lateralsklerose (ALS) bis zu einem Jahrzehnt im Voraus genau detektieren lässt. Diese Ergebnisse, die in einem in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlichten Paper(öffnet in neuem Fenster) beschrieben sind, ebnen den Weg für eine dringend benötigte Frühdiagnose dieser Erkrankung. ALS ist eine seltene neurodegenerative Erkrankung mit tödlichem Verlauf, die Auswirkungen auf die Motoneuronen bei der bewussten Steuerung von Muskelkontraktionen hat und in fortschreitender Schwäche und Muskeldegeneration resultiert. Die Erkrankung verläuft rasant und irreversibel, tritt mit zunehmender Häufigkeit im Alter auf und geht in den meisten Fällen nach dem Auftreten von Symptomen mit einer Lebenserwartung der Betroffenen von zwei bis fünf Jahren einher. In Europa leben etwa 32.000 Menschen mit ALS, für die es derzeit keinen definitiven Diagnosetest gibt.
Licht am Ende des Tunnels
Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Bluteiweiße ein zuverlässiger Biomarker für diese degenerative Erkrankung sein könnten. Das Wissenschaftsteam analysierte fast 3.000 Eiweiße von mehr als 600 Personen und untersuchte dabei nicht nur Patientinnen und Patienten mit aktiver ALS, sondern auch Blutproben von Personen, die Jahre vor dem Auftreten der Krankheitssymptome gespendet worden waren. Mithilfe maschinellen Lernens wurde eine charakteristische Eiweißsignatur identifiziert, die ALS-Fälle effektiv von gesunden Personen und anderen neurologischen Erkrankungen unterscheidet. Das erstellte Modell diagnostizierte die Erkrankung mit einer Genauigkeit von über 98 % und unterschied Patientinnen und Patienten mit ALS von gesunden Personen und von Personen mit anderen neurologischen Erkrankungen. „Wir sehen hier Licht am Ende des Tunnels, und dieses Ziel ist ein zugelassener und verfügbarer Bluttest für ALS“, erklärt der Mitverfasser der Studie Alexander Pantelyat von der Johns Hopkins University School of Medicine in einer auf der Website der Universität veröffentlichten Pressemitteilung(öffnet in neuem Fenster). „Mit einem Test, der eine frühere Erkennung von ALS zulässt, haben wir die Möglichkeit, Menschen in Beobachtungsstudien einzubeziehen und ihnen durch Ausweitung der Studien vielversprechende Medikamente zur Veränderung des Krankheitsverlaufs – und hoffentlich auch zum Stoppen der Erkrankung – anzubieten, bevor die ALS Lähmungserscheinungen zeigt.“ Durch die Analyse von Blutproben von Personen vor dem Auftreten der ALS-Symptome konnte das Forschungsteam das Alter für das klinische Auftreten ermitteln. Es wurde festgestellt, dass sich der Krankheitsverlauf – der Skelettmuskeln, Nerven und Energiestoffwechsel beeinträchtigt – bis zu zehn Jahre vor dem Auftreten irgendwelcher Symptome zeigt. „Wir waren stets davon ausgegangen, dass ALS eine rasante Erkrankung ist, die 12 bis 18 Monate vor dem Auftreten der Symptome beginnt“, bemerkt Pantelyat. „Doch bei Betrachtung unserer Ergebnisse, sehen wir, dass dieser Prozess etwa ein Jahrzehnt andauert, bevor die Patientenschaft überhaupt eine Praxis oder Klinik aufsucht.“ Zu den identifizierten Plasmaeiweißen, die ALS eindeutig von gesunden Personen und anderen neurologischen Erkrankungen unterscheiden, gehört das NEFL-Eiweiß, ein bewährter ALS-Marker. Was diese Studie zu einem echten Durchbruch macht, ist die Entdeckung von 16 zusätzlichen Eiweißen, welche die Genauigkeit der ALS-Diagnose erheblich erhöhen. Diese Eiweiße wurden mithilfe prädiktiver Modellierung identifiziert und verdeutlichen, wie mittels Proteomik und maschinellem Lernen neue Erkenntnisse über komplexe Erkrankungen gewonnen werden können. Das Projekt BRAINTEASER (BRinging Artificial INTelligence home for a better cAre of amyotrophic lateral sclerosis and multiple SclERosis) endete im Juni 2025. HEREDITARY (HetERogeneous semantic Data integration for the gut-brain interplay) wird im Dezember 2027 abgeschlossen. Weitere Informationen: BRAINTEASER-Projektwebsite(öffnet in neuem Fenster) HEREDITARY-Projektwebsite(öffnet in neuem Fenster)